Hexe und Gender: Eine Transformationsgeschichte der Diskriminierungsfigur des Ketzers

Heute geht es nicht um moderne Wicca, welche eine neue Hexenreligion leben (vgl. aber das Interview mit Dr. Marion Näser-Lather über Wicca: eine performative “Naturreligion” und die (re)konstruierte Tradition). Im Interview mit Kristina Göthling (Religionswissenschaft Bochum) steht die europäische Hexenverfolgung der frühen Neuzeit Mitteleuropas im Mittelpunkt des Interesses. Bei diesem Streifzug durch die europäische Geschichte stehen weniger mittelalterliche oder frühneuzeitliche Konzepte von “Magie” bzw. magische Praxis zur Debatte, sondern Aspekte der Stereotypisierung, der Transformationen von Diskriminierungsfiguren wie des Ketzers und der Hexe und der Umwertung in späteren romantischen oder zeitgenössischen Diskursen.

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Buddhas Drittes Auge – Populäre religionsgeschichtliche Irrtümer von A bis Z

kamakura-daibutsu-06 Während beim allerersten A-Z hier im Blog “Religion und Vorurteil von A bis Z” beleuchtet wurde, geht es heute um religionsgeschichtliche Irrtümer. Manches, was religionswissenschaftlich betrachtet nichts anderes darstellt als eine Fehleinschätzung historischer Zusammenhänge, einen Irrtum, ist heutzutage gleichsam eine eigene Deutungstradition geworden – allerdings eine, die man selbst als “religiös” bzw. “esoterisch” bezeichnen muss. Zugleich sollte nicht ausschließlich im Fokus stehen, dass hier für eine historisch-kritische Perspektive zu kreativ mit der Vergangenheit umgegangen wird (vgl. auch Die Kopie ist das wahre Original: Aura-Kopierer, Religionswissenschaft, Falsifikation und Don Quijote). Das Mythos-Werden bzw. Religion-Werden von etwas zunächst Fiktivem war auf seine Weise ja auch bereits beim Cthulu-Thema angesprochen worden (vgl. Lovecraft goes Magick: Cthulhus Ruf in Phantastik und (neuer) Religion). Sieben populäre Irrtümer über Religionsgeschichtliches werden im Folgenden vorgestellt.

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Säfte und Kräfte – Ansätze zu einer Religionsgeschichte der Körperflüssigkeiten

Nicht nur Blut ist ein ganz besonderer Saft. Viel zu selten bislang wurde im REMID-Blog ein tatsächlich allgemein vergleichender Ansatz vorgestellt, abgesehen von etwa dem Interview mit Prof. Dr. Peter J. Bräunlein über “Christliche Körper in Ost und West. Eine Religionsgeschichte des Schmerzes“. Das hängt auch mit grundsätzlicher Kritik an der für Vergleiche benötigten Phänomenologie zusammen (vgl. das Interview mit Steffen Führding: Mit Religion provozieren: Nach Russell T. McCutcheon radikaler Perspektivwechsel notwendig). Sicherlich, das Problem der Vergleichbarkeit wird auch hier am Rande gestreift, etwa wenn später über eine hinduistische “Dämonin” gesprochen werden wird (vgl. Religion und Vorurteil von A bis Z sowie Quo vadis, domine? Eurozentrismus(kritik) in der Religionswissenschaft; auch die meisten reformhinduistischen deutschen Texte erläutern die weibliche Asura namens Putana als “Dämonin”, etwa der Wiki des Verbandes Yoga Vidya oder ISKCON-Begründer A.C. Bhaktivedanta Swami Prabhupada in seinem Werk “Die Transzendentalen Spiele Sri Krishnas”). Doch es wäre ebenso problematisch, deswegen grundsätzlich auf Arbeiten wie diejenige von Gerrit Lange (Religionswissenschaft Marburg) zu verzichten. REMID interviewte ihn zu seiner Master-Arbeit, welche Ansätze zu einer Religionsgeschichte der Körperflüssigkeiten entwickelt – mit besonderem Blick auf altindische Mythen.

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Religion und Vorurteil von A bis Z

Wie kann man religionswissenschaftliche Arbeit kurz und prägnant vermitteln? “Wer bloggt hier eigentlich, und wenn ja, wie viele?”, fragt der Blog “Marginalien – Religionswissenschaftliche Randbemerkungen” und stellt unterschiedliche Blogkonzepte vor. Um also auch hier mal etwas Neues auszuprobieren, hat sich das REMID-Team zusammengesetzt, um einige Stichwörter für ein “Religion und Vorurteil von A bis Z” zu versammeln. Dabei geht es insbesondere um die Begriffe und Kategorien, mit denen in der Alltagssprache und in manchen Medien bestimmte religiöse und weltanschauliche Phänomene angesprochen werden, obwohl sie oft versteckte Werturteile enthalten, die denjenigen, die sie verwenden, oft gar nicht bewusst sind.

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Spiritualität als Friedenswerkzeug. Interviews aus einer jüdisch-palästinensischen Dorfgemeinschaft

Annalena Groppe hatte beim Münsteraner REMID-Vortragsabend im Oktober 2014 über “Spiritualität als Friedenswerkzeug” vorgetragen. Sie war in Neve Shalom / Wahat al-Salam (Oasis of Peace) auf halbem Weg zwischen Jerusalem und Tel Aviv, um Interviews in dieser jüdisch-palästinensischen Gemeinschaft zu machen. Wir befragten sie zu ihrem Forschungsprojekt. Annalena Groppe studierte den Bachelor in Religions- und Sozialwissenschaft an der Ruhr-Universität in Bochum mit Schwerpunkten in qualitativer Religionsforschung sowie Religionssoziologie. Momentan studiert sie das Master-Programm “Peace, Development, Security and International Conflict Transformation” an der Universität Innsbruck.

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Religionen und fairer Handel: Interreligiöser Dialog, Islam und Gerechtigkeit

Themen wie Umweltschutz oder Pflege nehmen bei Religionsgemeinschaften oft mehr Raum ein als theologische Debatten, so Maria Mahler im diesseits-Interview über 25 Jahre REMID. Ein solches Thema ist sicherlich auch der faire Handel. Die Dialogforschung innerhalb der Religionswissenschaft scheint diese relativ neue Erscheinung auf dem Feld interreligiöser Beziehungen zwischen Religionsgemeinschaften noch nicht für sich entdeckt zu haben (wohl aber die Einstellungsforschung mit Bezug zu Nachhaltigkeits- oder Tierrechtskonzepten; man vgl. auch Beispiele für angewandte Religionswissenschaft? Internationale Zugänge zur Dialogforschung). In Kassel fand nun am 7. Februar ein “Studientag zu gerechtem Wirtschaften” statt: “Christentum und Islam – gemeinsam unterwegs zu Fairem Handel(n)”. Der Tag war eine Kooperationsveranstaltung von Islamische Informations- und Serviceleistungen e.V. (IIS), dem Zentrum Ökumene der Evangelischen Kirche Hessen-Nassau, dem Entwicklungspolitischen Netzwerk Hessen e.V. und Hima e.V.

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Religionsrecht und Religionspolitik im Umgang mit neuen religiösen Bewegungen

Folgender Beitrag ist dem neuen Band “Mit welchem Recht? Europäisches Religionsrecht im Umgang mit neuen religiösen Bewegungen” (EZW-Texte 234, Berlin 2014, 21-39) entnommen, mit freundlicher Genehmigung der Evangelischen Zentralstelle für Weltanschauungsfragen, des Herausgebers Kai Funkschmidt und des Autoren Arno Schilberg. Der informative Band lässt jeweils mehrere Autor_innen zu Deutschland, dem Vereinigten Königreich sowie Frankreich zu Wort kommen. In der Rubrik “Weitere europäische Länder” folgen Einzelbeiträge zur Situation in der Schweiz, Österreich, den Niederlanden und in Ungarn. Dabei liefert zwar der Beitrag von Hans Michael Heinig “Religion als Verfassungsvoraussetzung?” mit “14 Thesen aus protestantischer Perspektive” eine spezifische religionspolitische Position (man vgl. das REMID-Interview “Die kirchliche Bindung nimmt vielleicht ab, aber die religiöse und weltanschauliche Vielfalt eher zu” im Diesseits-Magazin vom letzten November). Insgesamt ist der Band aber für jede Positionalität eine gewinnbringende Bereicherung und zeigt z.B. mit Beiträgen wie “Ayahuasca vor Gericht” von Sarah Harwey auch eine inhaltlich breite Aufstellung.

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Die Sache mit der Religionsfreiheit. 25 Jahre REMID: Bericht zur Jubiläumstagung

Peter Antes, emeritierter Professor für Religionswissenschaft aus Hannover, leitete seinen Vortrag über Religionsfreiheit und Religionsausübungsfreiheit damit ein, dass sein Referat zwei Teile habe, die sich vollständig widersprechen. Theoretisch könne man zwar einfordern, beides zu trennen, praktisch hängen Religion und Religionsausübung oft eng miteinander zusammen. Da helfen auch nicht die juristischen Versuche der Etablierung einer “Kulturadäquanz” zur ausschließlichen Einschränkung der Religionsausübungsfreiheit (Anlass der Etablierung 1955, so sei das Kurzreferat ergänzt, war allerdings ein Anhänger des Bundes für Gotterkenntnis und ehemaliges SS-Mitglied, welches im Gefängnis für einen Kirchenaustritt warb und für diesen Tabak versprach). Dass Theorie und Praxis oft weit voneinander entfernt scheinen, betrifft nicht nur rechtliche Fragen der Umsetzung von Bekenntnis- und Ausübungsfreiheit der Religionen, sondern war auch ein Motiv zur Gründung des Religionswissenschaftlichen Medien- und Informationsdienstes REMID e.V. 1989 durch Marburger Studierende der Religionswissenschaft. Die akademischen Debatten der Religionswissenschaft und die öffentlichen Thematisierungen von Religion schienen, so war der Befund, sehr weit auseinander zu liegen. Lesen Sie im Folgenden den Bericht zur Jubiläumstagung 25 Jahre REMID mit dem Thema Religionsfreiheit.

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Religionsfreiheit und religiöse Vielfalt 2014: Indikatoren und Berichte

“In Herford entlud sich die Gewalt zwischen Jesiden und Sympathisanten radikaler Islamisten”, hieß es am 7. August in der “Welt” (vgl. unsere Kurzinformation Yeziden sowie zur aktuellen Situation den “[d]ringende[n] Appell zum Schutz der kurdischen Yeziden im Irak” der Gesellschaft für bedrohte Völker, der Kurdischen Gemeinde Deutschlands und des Zentralrats der Yeziden vom 4. August). Die aktuelle Krise der Religionsfreiheit im Irak ist längst in Deutschland angekommen. Das zur Denunziation und Drohung an Häusern von Christen angebrachte arabische Nun wurde zum Solidaritätszeichen, das online aktuell auf Webseiten oder als Profilbild von Twitter-Accounts (darunter auch Kirchen) zu finden ist. Doch wie sieht es aktuell global überhaupt mit Religionsfreiheit aus?

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