Anthropologie und Religion: Forschen über das Ende der Aushandlungen

Eva Spies (Religionswissenschaft) und Magnus Echtler (Ethnologie), beide Universität Bayreuth stehen REMID Frage und Antwort zu den religionsbezogenen Fragestellungen der Jahrestagung der Deutschen Gesellschaft für Sozial- und Kulturanthropologie (DGSKA) zum Thema “Ende der Aushandlungen?”.

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»Wo Strukturen existieren, die Othering begünstigen« – Islam-Darstellungen in evangelischen und katholischen Schulbüchern

Janosch Freuding, 1987 in Füssen geboren, studierte Germanistik, Katholische Theologie und Islamwissenschaften in Augsburg und Bamberg. Nach einem Austauschjahr an der Universität Izmir initiierte er das länderübergreifende deutsch-türkische Jugendfilmprojekt bu bizimki / es sind wir. Neben seiner Tätigkeit als Lehrer für Deutsch als Fremdsprache promoviert Janosch Freuding heute im Fach Religionspädagogik an der Universität Bamberg über Othering und interreligiöses Lernen. Seit 2014 schreibt er regelmäßig für das MiGAZIN. Im Gespräch mit dem Philosophen und Erziehungswissenschaftler Alexander Graeff berichtet Janosch Freuding über Formen des Othering in evangelischen und katholischen Religionslehrwerken.

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“38 Thesen gegen Hysterie”: Religionswissenschaftler*innen wollen Islamdebatte versachlichen

In unserem heutigen Doppelinterview geht es um das Buch “Der Islam: Feind oder Freund? 38 Thesen gegen eine Hysterie”, direkt als praktisches Taschenbuch im Februar von Monika und Udo Tworuschka (eigene Webseite) veröffentlicht. Ein loses Vorbild mögen die “40 Thesen zur Reform des Islams” (2017) des islamischen Theologen Abdel-Hakim Ourghi gewesen sein. Während dieser aber tatsächlich mit einer inner-islamischen Perspektive “den Luther macht” und Reformen der Religion vorschlägt (“40. Nur ein liberaler Islam ist zukunftsfähig”), bleiben Monika und Udo Tworuschka auf der religionswissenschaftlichen Sachebene. Das Buch richtet sich an alle Teilnehmer*innen des gesellschaftlichen Diskurses und verknüpft Analysen westlicher, orientalistischer Islambilder mit religionswissenschaftlicher Expertise über den zeitgenössischen wie den historischen Islam.

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Antisemitismus: “Wir erleben einen digitalen Neuaufbruch des Verschwörungsglaubens”

Superhelden, Superschurken, Verschwörung – viele populäre Mythen sind von antisemitischen Denkmustern durchzogen. Es geht um “Verschwörungstheorien”. Bzw. das, worum es geht, das sind gerade keine Theorien, sondern ein bestimmter Typus von Mythen, erklärt Michael Blume, Religionswissenschaftler und Antisemitismus-Beauftragter Baden-Württembergs. REMID interviewt ihn zu seinem neuen Buch “Warum der Antisemitismus uns alle bedroht” (Patmos 2019).

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Reaktionär, konservativ oder progressiv? Ein Glossar. Teil 1: Dialektik von Moderne und Mythos

“Im Fall des überwertigen Realismus kann davon gesprochen werden, dass Werte, Anpassungsforderungen bzw. der Status quo lediglich aufgrund ihrer bloßen (als unerschütterlich wahrgenommenen) Existenz unhinterfragt akzeptiert werden – und eben nicht, weil man sie für richtig hält. Man kann hier also von einer lediglich pragmatischen Akzeptanz (Mann 1970[: The social cohesion of liberal democracy. American Sociological Review 35: 424-439; Anm. C.W.]) der gesellschaftlichen Verhältnisse sprechen. Diese werden akzeptiert, weil sie bestehen und man sich keine andere Alternative vorstellen kann oder will. Es ist zu vermuten, dass es jemanden, der zum überwertigen Realismus neigt, vergleichsweise schwer fällt, gute, das heißt inhaltliche Gründe für seine Akzeptanz der sozialen Verhältnisse zu finden. Beim Wertkonservativismus liegen die Dinge jedoch anders. Hier kann eher von einer normativen Akzeptanz (ebd.) der Sozialordnung gesprochen werden. Die Wert- und Anpassungsvorstellungen werden hier von dem Einzelnen bewusst reflektiert, aus normativen Gründen übernommen und können daher auch auf Nachfragen expliziert und begründet werden” (und hier bestehen geringere Werte auf entsprechenden Skalen wie Gruppenbezogene Menschenfeindlichkeit; Veronika Schmid: Die unerträgliche Freiheit der Anderen – Studien zum überwertigen Realismus, Marburg 2013, S. 155f.). In anderen Worten: Es ist entscheidend für die Beurteilung einer Weltanschauung, ob sie in diesem Sinne als ‘reaktionär’, ‘konservativ’ oder ‘progressiv’ befunden wird. In wiederum anderen Worten: Es geht also darum, “religiösen” oder auch “weltanschaulichen” Nonkonformismus zu differenzieren (man vgl. die Interviews zum Graduiertenkolleg “Religiöser Nonkonformismus und kulturelle Dynamik” in Leipzig mit Thomas Hase, ‘In Sekten’? Religiöser Nonkonformismus als Auslöser kultureller Dynamik – aktuelle Ansätze in der Religionsforschung, 2012, und Jörg Albrecht, Religion und (alternative) Ernährung: Vom ‚Kohlrabi-Apostel‘ zum ‚Bionade-Biedermeier‘, 2018)

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Die Maxime “Theologie ist nicht Religionswissenschaft” und die Debatte um den Islam

 

Im heutigen Interview mit mit der Religions- und Islamwissenschaftlerin Assia Harwazinski (Tübingen) geht es um die unterschiedlichen Perspektiven und Zugänge von Islamwissenschaft und Religionswissenschaft, die Rolle der Theologien und das Verhältnis von Säkularität, Wissenschaft, Islam und Christentum.

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Religionswissenschaft gegen Vorurteile und Stereotype: Interview mit dem SORAPS-Projekt

Das heutige REMID-Interview wurde geführt mit Felix Petzold, Leiter im Team des nationalen Partners im SORAPS-Projekt, Universität Augsburg, und dem Projektkoordinator, Giovanni Lapis, L’Università Ca’ Foscari Venezia. SORAPS steht für: “Study of Religions against Prejudices and Stereotypes”, also “Religionswissenschaft gegen Vorurteile und Stereotype”. Herr Petzold hat zudem die Passagen von Giovanni Lapis übersetzt.

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Religionswissenschaft und Ideologiekritik. Ein Gespräch aus der Zukunft

Heute bin ‘ich’ ein auktorialer Erzähler in einer Geschichte einer möglichen Zukunft, die ich erzählen möchte. Wie jeder Futurismus ist es eine noch fiktive Geschichte. Ich wähle dieses Mittel aus mehreren Gründen. Einer davon ist sicherlich auch Höflichkeit, dass ‘ich’ mich an einer Methode des Humanismus um 1500 orientiere. Zudem erlaubt diese leichte Verschiebung in die Zukunft eine Zuspitzung und leichte Übertreibung. Aber diese eigentlich hinter die bewussten Regungen eines auktorialen Erzählers reichenden Kenntnisse um die Gründe seiner Existenz seien auch sofort wieder vergessen: Wir befinden uns in einer mehr oder weniger nahen Zukunft. Der Ort ist ein Straßencafé, irgendwo in einer großen Metropole, in welcher gerade ein Kongress eines Dachverbandes der Religionsforschung veranstaltet wird, an mehreren Standorten des Metropolenviertels.

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Salafismus in Deutschland: Gefährliche Wissenschaft? Rezension zum Werk Nina Käsehages

Wenn man diese Überschrift liest, mag das erstmal so klingen, als ob es um die Gefährlichkeit des Forschungsgegenstandes selbst ginge, ähnlich einem glücklicherweise abgebrochenen Forschungsunterfangen im weiteren Bekanntenkreis zur italienischen Mafia. (Bevor Sie fragen, es war ein kulturwissenschaftliches, kein religionswissenschaftliches Projekt). Die Frage, inwiefern Nina Käsehage (Religionswissenschaft Göttingen und Rostock) ein besonderes Risiko einging, in der Wahl dieses Themas für ihre Doktorarbeit, die stellt sich sicherlich, doch wird sie gerade auch durch die Lektüre ihrer spannenden Arbeit ein wenig als ein Vorurteil entlarvt, indem die Leserin, der Leser sehr genau in die unterschiedlichen Selbstverortungen salafistischer Akteure eingeführt wird, die als “misstrauisches Milieu” besonderer Zugangsweisen bedürfen. Mehr noch, man erfährt am Rande von Käsehages Version einer engagierten Religionswissenschaft, sie gibt Handlungsempfehlungen für Präventionspraxis und die eine oder andere Fußnote erzählt von noch persönlicherem Kontakt, denn Interviewpartner*innen oder deren Angehörige meldeten sich bei der Forscherin zurück. Mit “Expertengesprächen” aus Sicherheitskreisen garniert, machte der Spiegel daraus 2017 “Die Frau, die Salafisten umpolt. Angeblich” (man siehe stattdessen “Religionswissenschaftlerin Nina Käsehage ‘Die Salafisten sind sehr gespalten!'” im Deutschlandfunk Nova vom 20. Juni 2018). Dieses Jahr ist die Dissertation “Die gegenwärtige salafistische Szene in Deutschland” (Lit Münster) erschienen, und – wahrscheinlich auch ein wenig aufgrund dieser ungerechtfertigten Vorwürfe – 3.234 Fußnoten erläutern das Werk. Gerade Nummer 166 weist auf gravierende Missstände hin: “In diesem Kontext sei darauf verwiesen, dass der Quellenschutz für wissenschaftlich geführte Interviews leider noch immer weit hinter dem der Journalisten zurückbleibt. Es stellt sich folglich die Frage, warum die journalistischen Quellen erhelblich abgesicherter sind als die wissenschaftlichen und welchen Stellenwert der Gesetzgeber der wissenschaftlichen (empirischen) Arbeit im Gegensatz zur journalistischen Arbeit beimisst? Die Vertrauensbildung in misstrauischen Milieus wie dem des Salafismus könnte erheblich gesteigert werden, wenn die wissenschaftlichen Feldforscher – eindeutig juristisch abgesichert – in der Lage wären, den Respondenten verlässlichere Aussagen hinsichtlich ihres Quellenschutzes in wissenschaftlichen Untersuchungen zu übermitteln bzw. zuzusichern” (S. 36).

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