Leben nach der Heiligen Anastasia. Rechtsradikalismus in Grün


Zur Anastasia-Bewegung gab es bei REMID zuletzt 2016 einen ausführlicheren Artikel (vgl. Rechte Ideologie im esoterischen und neureligiösen Bereich). Über seine Recherchen zu der neuen religiösen Bewegung aus Russland interviewt REMID Raimond Lüppken, freier Journalist und Rechtsextremismusexperte.

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Religion und (alternative) Ernährung: Vom ‚Kohlrabi-Apostel‘ zum ‚Bionade-Biedermeier‘

REMID interviewt Jörg Albrecht vom Graduiertenkolleg “Religiöser Nonkonformismus und kulturelle Dynamik” (Leipzig, vgl. “In Sekten”? Religiöser Nonkonformismus als Auslöser kultureller Dynamik – aktuelle Ansätze in der Religionsforschung, 2012; Religion und Öffentlichkeit II: Sommerschule diskutiert über Nonkonformismus, 2012) zum Thema seiner Doktorarbeit “Vom ‚Kohlrabi-Apostel‘ zum ‚Bionade-Biedermeier‘: Zur kulturellen Dynamik Alternativer Ernährung”. Dabei ist nicht nur spannend, dass er sich als Religionswissenschaftler diesem Gegenstand nähert, sondern dass gerade an einer solchen Transferleistung deutlich wird, was im Feld “theologischen” Debatten äquivalent wird, wenn das Feld religionswissenschaftlich bearbeitet wird, als ob es sich um religiöse Bewegungen handele. Das ist hier also methodologisch zu verstehen und gerade nicht als entwertend gedachte Polemik gegen die “alternativen” Formen der Ernährung (siehe dazu: Veganismus ist keine Religion! Ein Essay über demokratische Kultur, 2013).

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Religion & Medizin: Ein Gespräch über Heil- und Heilungskonzepte zwischen den Disziplinen

Für gewöhnlich gehen viele davon aus, dass “Religion” und “Medizin” zwei völlig abgetrennte und verschiedene Bereiche des Lebens ansprechen. Dabei ist vielleicht zunächst überraschend, dass die monotheistischen Religionen Judentum, Christentum und Islam mit der antiken Philosophie auch das Corpus Hippocraticum teilten und dass es auch in diesen Religionen überschneidende Zuständigkeiten von religiösen und medizinischen Experten gab und teilweise gibt, dass es also nicht allein die asiatischen, afrikanischen, ozeanischen und altamerikanischen Überlieferungen sind, denen eine potenzielle “Ganzheitlichkeit” zugeschrieben wird – und dass trotzdem die unmittelbareren Nachbarn im Medium hippokratischer Medizin verständlich blieben. Im Gespräch mit Kris Wagenseil von REMID versucht Dr. Jürgen Dollmann, Mediziner und Religionswissenschaftler (Heidelberg), die mit den Disziplinen verbundenen Perspektiven zu verbinden. Neben Evidenz, Seelentheorien, den Potenzialen von Komplementärmedizin, Ethik in der religionswissenschaftlichen Feldforschung, kognitionswissenschaftlichen Ansätze und seelischer Chirurgie geht es dabei auch um Eindrücke vom Jahrestreffen des Arbeitkreises “Religion & Medizin” in der Deutschen Vereinigung für Religionswissenschaft.

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Esoterik und alternative Spiritualität von A bis Z

Auf einer vergangenen Tagung der Religionswissenschaft wurde die Zusammenstellung “Religion und Vorurteil von A-Z” besonders gelobt. Daher soll folgende neue Zusammenstellung zu “Esoterik und alternative Spiritualität von A bis Z” eine Art erste Vertiefung bieten. Dabei wird versucht, auf diverses bereits vorhandenes Material einzugehen, so dass diese Übersicht auch einen geeigneten Einstieg im Sinne einer Themenschwerpunktseite “Esoterik und alternative Spiritualität” bietet (neben den bisherigen Schwerpunkten “Religionsfreiheit” und “Islam”). Die einzelnen Stichworte wurden dabei so ausgewählt, dass sowohl Esoteriker_innen, Alternativ-Spirituelle, Interessierte mit beliebigem weltanschaulichen oder religiösen Hintergrund, “Skeptiker_innen” als auch Religionswissenschaftler_innen, Mediziner_innen usf. jeweils Aspekte hinzulernen können.

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“Wenn es wirklich eine fünfte Grundkraft gäbe, sähe unsere Welt vollkommen anders aus”

“Würde der homöopathische Wirkmechanismus funktionieren”, überlegt Vince Ebert aktuell im “Spektrum der Wissenschaft” unter dem Titel “Alternative Medizin: Das Wunder der Homöopathie” (10. Dez. 2016), “so stünde dieser im Widerspruch zu einer Vielzahl von fundamentalen physikalischen und biochemischen Naturgesetzen. Allein die Existenz eines Wassergedächtnisses und einer ‘geistartigen Kraft’ hätte eine fünfte – bisher vollkommen unbekannte – physikalische Grundkraft zur Folge”. Ebert macht daraus ein Argument gegen die Homöopathie: “Wenn es wirklich eine fünfte Grundkraft gäbe, sähe unsere Welt vollkommen anders aus. Sie würde nach komplett anderen Naturgesetzen funktionieren, die man dann auch in vielen anderen Bereichen beobachten würde. Und weil das eben nicht der Fall ist, existiert der postulierte Mechanismus der Homöopathie nicht”. Dabei kommt es regelmäßig in der Physik vor, dass über die Möglichkeit einer fünften Grundkraft nachgedacht wird, wenn auch z.B. eher in der Art, “dass hinter den Unregelmäßigkeiten in den Daten des Experiments ein sogenanntes protophobes X-Boson steckt, das – so glauben die Physiker weiter – eine bisher unbekannte nur sehr lokal wirkende Kraft überträgt” (“Physiker finden Hinweise auf fünfte Grundkraft der Natur”, Der Standard, 27. Mai 2016).

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Islamkritik und Rassismus. Ein Briefwechsel über einen Essay von Ahmad Mansour


In der linksliberalen Taz veröffentlichte Ahmad Mansour am 9. Juli 2016 einen Essay “Linke und Muslime – Wir sind nicht eure Kuscheltiere”, mit dem Untertitel: “Das linksliberale Spektrum tut sich schwer mit kritischen Muslimen. Es erklärt sich zum Beschützer konservativer Muslime und macht sie so zu Opfern”. Folgende Diskussion von Kris Wagenseil (REMID) und Verena Maske, Religionswissenschaftlerin mit Schwerpunkt islamische Gegenwartskultur (Universität Marburg), ging von diesem Essay aus.

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Hexe und Gender: Eine Transformationsgeschichte der Diskriminierungsfigur des Ketzers

Heute geht es nicht um moderne Wicca, welche eine neue Hexenreligion leben (vgl. aber das Interview mit Dr. Marion Näser-Lather über Wicca: eine performative “Naturreligion” und die (re)konstruierte Tradition). Im Interview mit Kristina Göthling (Religionswissenschaft Bochum) steht die europäische Hexenverfolgung der frühen Neuzeit Mitteleuropas im Mittelpunkt des Interesses. Bei diesem Streifzug durch die europäische Geschichte stehen weniger mittelalterliche oder frühneuzeitliche Konzepte von “Magie” bzw. magische Praxis zur Debatte, sondern Aspekte der Stereotypisierung, der Transformationen von Diskriminierungsfiguren wie des Ketzers und der Hexe und der Umwertung in späteren romantischen oder zeitgenössischen Diskursen.

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“Polemik gegen die Schwerkraft”? Religionskritik am Beispiel eines neuen Kompendiums

Oft hören wir bei REMID, wir oder die Religionswissenschaft seien nicht kritisch. Oft ist damit eine Kritik von Religion als solcher gemeint – aufgrund metaphysischer Überlegungen – bzw. eine Herrschaftskritik (vgl. Artikel Die Linke und die Religion). Letztere hat aber in säkularen Gesellschaften nicht den gleichen emanzipatorischen Wert wie in theokratischen (vgl. Interview Gleiche Rechte für alle Religionen und Weltanschauungen). Allerdings auch Kritik an (einzelnen) Religionen sollte Kriterien ernstnehmen, die ein Abgleiten in religionsbezogene Diskriminierung, Antisemitismus, Islamophobie etc. zu vermeiden suchen. Der folgende Gastbeitrag von Friedemann Rimbach-Sator (Religionswissenschaft Marburg) vergleicht das neu erschienene Werk “Problemfall Religion – Ein Kompendium der Religions- und Kirchenkritik” von Gerhard Czermak mit dem Band “Kritik an Religionen” (REMID 1997).

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“Intensivgruppen”? Alter Wein in neuen Schläuchen

Der Begriff “Sekte” ist diskriminierend und ohne wissenschaftliche Schärfe, da ihm – wenn überhaupt – zumeist Kriterien zugrunde gelegt werden, die gerade nicht distinktiv sind (“charismatischer Führer”, “geschlossenes Weltbild”, “Bewusstseinskontrolle”; vgl. Artikel bzw. Interviews über religionsbezogene Diskriminierung, aktuelle Ansätze in der Erforschung von Religionen, Sekten-Macher und Berichterstattung über Religion). Nun ist es sehr verständlich, dass dennoch weiterhin ein Interesse besteht, sozusagen die “Guten” von den “Schlechten” zu sondieren. Jüngst veröffentlichte z.B. die Evangelische Zentralstelle für Weltanschauungsfragen ein neues Stichwort “Bewusstseinskontrolle” von Michael Utsch, welches unter Rückgriff auf Hansjörg Hemminger (Grundwissen Religionspsychologie, Freiburg im Breisgau 2003, S. 228ff.) von “Intensivgruppen” spricht. Woher stammt dieses Konzept “Intensivgruppen”? Eignet es sich als differenziertes methodisches Instrument?

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