Amnesty International Report 2012: Religionsfreiheit global im Vergleich

Der neue Amnesty International Report 2012 (PDF) ist vor kurzem erschienen: “Amnesty International beleuchtet in seinem Report die Menschenrechtslage des vergangenen Jahres in 155 Ländern. In 101 Staaten dokumentierte die Organisation Folter und Misshandlung durch die Sicherheitskräfte sowie in 91 Staaten Einschränkungen der Meinungsfreiheit.” (Pressemitteilung vom 24. Mai). In 35 Länderberichten finden sich Hinweise auf Einschränkung der Religionsfreiheit, elf behandeln sie in einem eigenen Kapitel (ohne die besondere Situation in Nigeria, die ausführlich ebenfalls im entsprechenden Länderbericht behandelt wird). Von den Ländern sind vierzehn christlich dominiert (davon vier orthodox, die übrigen abgesehen von Namibia und Fidschi katholisch), dreizehn muslimisch, zwei buddhistisch und Nepal hinduistisch (ohne China, Nord- und Südkorea, Vietnam und Bosnien-Herzegowina). Unter den Betroffenen finden sich ebenfalls am häufigsten Christen (insbesondere Jehovas Zeugen und Evangelikale), Muslime (insbesondere Ahmadiyya, Ahl-e Haqq, Derwische und Sufis), Buddhisten, Hindus, Bahai und Falun Gong.

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Esoterik: Ein ungewolltes Kind von Reformation, Aufklärung und Kolonialismus?

“Esoterisch” nannte man diejenigen Schriften des Aristoteles, welche nur seinem engeren Schülerkreis vorbehalten waren. Bis auf wenige Ausnahmen haben nur sie die Zeiten überdauert. Heute meint “Esoterik” etwas völlig anderes (vgl. unsere Kurzinformation). Umstritten ist das Verhältnis zum Begriff “Religion”. 10,6% des Sachbuchmarktes macht die Kategorie “Psychologie, Esoterik, Spiritualität, Anthroposophie” aus (1. Quartal 2011). Dabei bestehen viele Vorurteile sowohl über Nutzer wie auch Anbieter esoterischer Angebote.

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Religionsfreiheit hat in Deutschland keine Lobby

Nichts Neues steht im Länderbericht über Religionsfreiheit 2011 des Referats für Demokratie, Menschenrechte und Arbeitsfragen des US-Außenministeriums, so mancher Textabschnitt war bereits im Vorjahresbericht enthalten und wird auch vermutlich in dem für den Sommer zu erwartenden Folgebericht wiederzufinden sein. Die deutsche Regierung habe weder eine Tendenz in Richtung einer Verbesserung noch in Richtung einer Verschlechterung bei der Achtung und dem Schutz des Rechts auf Religionsfreiheit gezeigt. “In einer zunehmend säkularen und pluralen Gesellschaft ist das Recht auf Religionsfreiheit nicht mehr selbstverständlich”, resümiert die Sozialethikerin Marianne Heimbach-Steins in einer Studie im Rahmen des Exzellenzclusters “Religion und Politik” der Universität Münster Ende letzten Jahres. Ähnlich äußerte sich UN-Sonderberichterstatter Heiner Bielefeldt: Es gebe Defizite bei der Religionsfreiheit in Deutschland. So unglücklich die aktuelle Debatte um eine “Katholikenphobie” (Kardinal Joachim Meisner Anfang Februar) begonnen hatte, ausgelöst durch neue Skandale in katholischen Krankenhäusern um die Abweisung von Vergewaltigungsopfern in Köln oder Regensburg und durch einen problematischen “Pogrom”-Vergleich von Erzbischof Gerhard Ludwig Müller – was ist dran an den Beobachtungen, auch gerade in Bezug auf Religionsgemeinschaften jenseits der beiden Amtskirchen?

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Religion und Öffentlichkeit II: Sommerschule diskutiert über Nonkonformismus

Vor einiger Zeit berichteten wir über Religion und Öffentlichkeit am Beispiel der Medienberichterstattung über die Mormonen. Wie bestimmen Medien das öffentliche Bild einer Religion? Wann interessieren sich Medien für eine Religion? Wie versucht diese, eine eigene Öffentlichkeit zu etablieren? Wie ist das Verhältnis von Religion(en) und Öffentlichkeit? Diesen Fragen soll eine eigene Serie mit Artikeln, Berichten und Interviews nachgehen. Aktuell beschäftigte sich eine Sommerschule des Leipziger DFG-Graduiertenkollegs “Religiöser Nonkonformismus und kulturelle Dynamik” mit dem Thema “Nonkonformismus und Öffentlichkeit” aus religionswissenschaftlicher Perspektive (vom 20. bis 22. Juli in Bad Kösen). Der stellvertretende Sprecher Dr. Thomas Hase konnte bereits zu Beginn des Jahres für ein Interview gewonnen werden (vgl. “In Sekten”? Religiöser Nonkonformismus als Auslöser kultureller Dynamik – aktuelle Ansätze in der Religionsforschung). REMID war vor Ort und berichtet über die vielfältigen Zugänge zum Thema.

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Das Tier als metaphysische Grenze

Im indischen „Gesetzbuch des Manu“ (12, 42-44) finden sich Einteilungen aller Dinge und Wesen der Welt in drei “Erscheinungsweisen” (Gunas), von denen eine “tamas” (Dunkelheit, Unwissenheit) ist. In dieser Kategorie werden auf unterster Stufe unbewegliche Dinge, Würmer, Fische, Schlangen, Schildkröten, Vieh, und Schakale, auf der mittleren Elefanten, Lastpferde, Chudras (Handwerker, Pachtbauern, Tagelöhner, Diener, Landarbeiter, Arbeiter), “verabscheute Barbaren”, Löwen, Tiger und Eber und auf der höchsten Stufe Landstreicher, Vögel, Heuchler, Raksas und Piçâcas (beides sozusagen Klassen “böser Geister“) platziert. Einige andere Tiere, höhere menschliche Kasten und Göttergeschlechter sind den anderen beiden Gunas bzw. deren Unterkategorien zugeordnet (Ordinances of Manu; übs. von Arhur C. Burnell, ed. von Edward W. Hopkins, London: Trübner 1891, S. 371). In diesem alternativen System, das manche daher als “ungerecht” empfinden, scheint es dieses im “westlichen” Denken distinkte Gegenüber des “Tieres” nicht zu geben. Welche religiöse Dimension hat diese Frage nach der Einteilung der Geschöpfe bzw. dem “Tier” eigentlich? Oder die unseres Verhältnisses zu diesem speziellen Gegenüber? Gerade wo ein aktuelles Urteil des Europäischen Gerichtshofs für Menschenrechte das Gewissen eines Grundstückeigentümers über den “öffentlichen Auftrag” der Jagd gestellt hat…

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Wessen Geistes Kind? Neue Religionen, alte Traditionen und die Crux des Systematikers

Es war ausgerechnet ein Gewaltverbrechen, welches letztes Jahr in den Medien vorübergehend die Frage virulent machte, was eigentlich christlich sei – also z.B. ob die neue christliche Kirche, welche ein Anders Behring Breivik in seinem Manifest einfordert, tatsächlich als eine neue Form von Christentum zu werten sei (vgl. Blogartikel “Was ist eigentlich christlich? Neue Antworten auf eine alte Frage”). Allgemein gültiger waren die dabei zitierten Aussagen eines ökumenischen Impulsreferates: “Das Christentum kann immer nur von einem konfessionellen Standpunkt aus beschrieben werden (als katholisch, protestantisch, lutherisch, calvinistisch, orthodox, freikirchlich …)”; “es gibt nicht ein einziges ‘spezifisches’ Merkmal des Christentums”. Das Problem der Einteilung, unterdrückt man nicht gänzlich den Willen zur Systematisierung, stellt sich genau genommen bei jeder Neuen Religion. Der neutrale Religionswissenschaftler hat es dabei noch schwerer als solche, die “spezifische” (wesentliche) Merkmale einer Weltreligion zu kennen glauben.

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Aber das Wichtigste ist der «Faktor Mensch»: INFOREL in Basel

Bei REMID besteht die Möglichkeit, als Institution Mitglied zu sein. Dies nutzen ein Unternehmen, mehrere Religionsgemeinschaften (z.B. die Deutsche Buddhistische Union) sowie das inhaltlich verwandte Schweizer Projekt INFOREL. Während REMID 1989 von ReligionswissenschaftlerInnen gegründet wurde, waren es Angehörige von elf Religionsgemeinschaften, welche 1987 INFOREL ins Leben riefen, um differenzierte, unabhängige Information über Religionen, kirchliche Gemeinschaften, religiöse und weltanschauliche Bewegungen anzubieten. Wir interviewten den Leiter, den Religionswissenschaftler Christoph Peter Baumann.

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Fluchtgrund: (Un)Glaube. Ein Interview zum Tag des Flüchtlings

2010 ‚feierte’ die Genfer Flüchtlingskonvention (GFK), das internationale Abkommen über die Rechtsstellung der Flüchtlinge den 60. Geburtstag. Die vom Flüchtlingskommissariat der Vereinten Nationen (UNHCR) veröffentlichten Weltflüchtlingszahlen 2010 belegen, dass dieses Abkommen auch heute noch notwendig ist, den internationalen Flüchtlingsschutz sicherzustellen. Mit insgesamt 43,7 Millionen Flüchtlingen – das entspricht der Bevölkerungszahl von Skandinavien und Sri Lanka zusammengenommen – stellte 2010 einen neuen Rekord auf. Seit 15 Jahren waren nie mehr Menschen auf der Flucht. Mehr als die Hälfte von ihnen – 27,5 Millionen Menschen – waren innerhalb ihres Heimatlandes auf der Flucht. Von denen, die ihr Land verlassen konnten / mussten fanden 4/5 Zuflucht in den unmittelbaren Nachbarländern. Anlässlich diese traurigen Rekords sprach REMID mit Rita Schillings, Geschäftsführerin des Flüchtlingsrates Leverkusen, über ihre Erfahrungen mit ‚religiösen’ Fluchtgründen in ihrer Beratungstätigkeit.

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Gefängnisseelsorge und Kriminalprävention: Religion im Strafvollzug

Religionsfreiheit gehört zu unseren Grundrechten. Diese hören in einem Rechtsstaat auch nicht hinter Gefängnisgittern auf. Doch wie sieht es eigentlich aus mit der Wahrung und Inanspruchnahme dieses Rechts in Deutschland? Sarah Jahn forscht in ihrem aktuellen Dissertationsprojekt zu “Religion und Strafvollzug in der Bundesrepublik Deutschland”.

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