Okkulte DDR – Umgang mit heterodoxen Wissensbeständen, Erfahrungen und Praktiken

“Natürlich hatte Hans Bender – der wohl berühmteste (und gleichermaßen auch hierzulande nicht unumstrittene) Parapsychologe in der BRD – eine Stasiakte”, erwähnt Dr. Ina Schmied-Knittel am Rande, doch die genaue Sichtung der entsprechenden Akten, der öffentlichen und weniger öffentlichen Diskurse, der Praxis im Privaten wie ihrer Beobachtung und Dokumentation im Geheimen, Zeitzeugeninterviews – das ist die Aufgabe, der sich die Soziologin und ihr Team um Prof. Dr. Michael Schetsche und M.A. Andreas Anton während der Laufzeit des Projektes stellen. Dabei ist die Forschungsgruppe auf die Mithilfe von Menschen angewiesen, die damals in der DDR Erfahrungen mit diesen Themen sammeln konnten (Email: kontakt [at] okkulte-ddr.de).

Weiterlesen

Esoterik: Ein ungewolltes Kind von Reformation, Aufklärung und Kolonialismus?

“Esoterisch” nannte man diejenigen Schriften des Aristoteles, welche nur seinem engeren Schülerkreis vorbehalten waren. Bis auf wenige Ausnahmen haben nur sie die Zeiten überdauert. Heute meint “Esoterik” etwas völlig anderes (vgl. unsere Kurzinformation). Umstritten ist das Verhältnis zum Begriff “Religion”. 10,6% des Sachbuchmarktes macht die Kategorie “Psychologie, Esoterik, Spiritualität, Anthroposophie” aus (1. Quartal 2011). Dabei bestehen viele Vorurteile sowohl über Nutzer wie auch Anbieter esoterischer Angebote.

Weiterlesen

Religion und Öffentlichkeit II: Sommerschule diskutiert über Nonkonformismus

Vor einiger Zeit berichteten wir über Religion und Öffentlichkeit am Beispiel der Medienberichterstattung über die Mormonen. Wie bestimmen Medien das öffentliche Bild einer Religion? Wann interessieren sich Medien für eine Religion? Wie versucht diese, eine eigene Öffentlichkeit zu etablieren? Wie ist das Verhältnis von Religion(en) und Öffentlichkeit? Diesen Fragen soll eine eigene Serie mit Artikeln, Berichten und Interviews nachgehen. Aktuell beschäftigte sich eine Sommerschule des Leipziger DFG-Graduiertenkollegs “Religiöser Nonkonformismus und kulturelle Dynamik” mit dem Thema “Nonkonformismus und Öffentlichkeit” aus religionswissenschaftlicher Perspektive (vom 20. bis 22. Juli in Bad Kösen). Der stellvertretende Sprecher Dr. Thomas Hase konnte bereits zu Beginn des Jahres für ein Interview gewonnen werden (vgl. “In Sekten”? Religiöser Nonkonformismus als Auslöser kultureller Dynamik – aktuelle Ansätze in der Religionsforschung). REMID war vor Ort und berichtet über die vielfältigen Zugänge zum Thema.

Weiterlesen

Märchen und Magie zwischen Wirklichkeit und Fiktion. Eine Kritik

Anlässlich des Gebrüder-Grimm-Jahres veranstaltete REMID am 30. April einen Vortragsabend. Die Marburger Brüder-Grimm-Stube war gut besucht. Im Gegensatz zu vielen Darstellungen des Märchens als universale Erzählform mit vornehmlich ursprünglich oraler Verbreitung wurde seine besondere Rolle als Produkt der europäischen Geschichte betrachtet. Das Mittelalter kennt im eigentlichen Sinn keine Märchen (auch wenn heute manches als solches verkauft werden mag). Das Märchen besteht streng genommen nur als “Kunstmärchen” und ist zu unterscheiden von Textformen wie dem Artusroman, der Heiligenlegende, dem Heldenepos, dem Schwank oder der Aesop nachempfundenen Tierfabel. Das Pentameron (1634-36) zeigt sogar, dass Märchen als Textgattung in Abhängigkeit stehen können zur im Humanismus entwickelten Form der Novelle: Titel und Struktur des Werkes sind an Giovanni Boccaccios Novellensammlung Decamerone (1349-1353) orientiert. Letztlich liegt einfach ein schwerwiegendes Missverständnis vor: Das Märchenhafte des Mittelalters ist ein Resultat der inneren Kritik der Aufklärung seit der Reformation in Europa. Erst durch diese Filter und unter Reflexion der Erfahrungen im Kolonialismus, in der Romantik, im Nationalismus usf. wurden Märchen heute das, was sie unterstellen immer schon gewesen zu sein: zum Ausdruck einer universellen Stimme des Mythos (wie des kollektiven Unbewussten).

Weiterlesen

Gespenster – festliche Dekonstruktion einer Universalkategorie

Das Gespenst oder die Geister gelten im allgemeinen als eine alte Kategorie so genannter “niederer Mythologie”, wie es die deutsche Philologie des 19. Jahrhunderts nannte. Sie werden erst im religionswissenschaftlichen Blickpunkt zu einer phänomenologischen Kategorie universaler Relevanz. Doch ist das den Forschern geläufige europäische Vorbild, welches ihnen weltweit für die Konzepte der Totengespenster, aber auch der Ahnengeister als Erklärungsmuster Modell stand, wirklich alt? Oder ist es vielmehr wie mit vielen in Zeiten des Nationalismus für traditionell ausgegebenen Bräuchen, wo es galt, mit “Volksaberglauben”, Märchen und Sagen einen kulturellen Wettbewerb auszufechten?

Weiterlesen

Gefangen im Sprachspiel: Der Religionsbegriff und die neuen Atheisten

Es war eine Auszeichnung des frühen Ludwig Wittgensteins, den Begriff des “Sprachspiels” völlig ohne Voraussetzungen einer unabhängig von den Sprechern bestehenden “Natur” zu bestimmen. Man versuchte, den Schwebezustand, den man bei solchen Philosophien verspürte, abzuschwächen, indem Versuche unternommen worden sind, neben dem natürlichen auch das gesellschaftliche Sein des Menschen zu systematisieren und beide Seinsweisen auf verschiedene Weisen miteinander zu verbinden. Eine dieser Weisen führte zum Faschismus. In dieser Zeit institutionalisierte sich auch die Religionswissenschaft neben vielen anderen damals neuen Disziplinen. Doch wie aktuell sind auf solche Weise systematisierte Sprachspiele noch?

Weiterlesen

Zwischen den Stühlen – ein Gespräch über Magie

Der Diplominformatiker und Religionswissenschaftler Daniel Böttger arbeitet an religionspsychologischen Fragestellungen (siehe z.B. “Intersubjektivität von Tranceerleben durch religiös-rituelle Körperhaltungen” in der Zeitschrift für junge Religionswissenschaft). Schon in einem zu Studienzeiten studentisch von ihm mit organisierten Seminar “Von Arktische Religion bis Zigarrenzauber” (2006) lag der Fokus auf “ungewöhnliche[n] Themen der Religionswissenschaft”. Konkret geht es darum, mit Methoden der empirischen Psychologie religiöse Phänomene zu untersuchen. Dabei kann es sich um die Neurologie des Mantra-Singens handeln (To say “Krishna” is to smile, Ritual Dynamics Konferenz 2008; neben dem Paper gibt es eine Videopublikation) oder um die Psychologie des Glaubenzweifelns. Wir haben ihn zum Thema Magie bzw. Glauben an übersinnliche oder paranormale Fähigkeiten oder Erfahrungen interviewt.

Weiterlesen