Diskussionskultur in der Wissenschaft. Ein Interview mit “Max Musterwesen”

Anonymität ist in öffentlichen Debatten umstritten. Auf der einen Seite vermutet man Tricks, Verleumdung, Unehrlichkeit, in einer freien Gesellschaft gäbe es keine Gründe für Anonymität. Durch die Gewährleistung, dass alle die gleichen passiven Rechte innehaben, gelte gleichzeitig die Pflicht, sozusagen auch Gesicht zu zeigen. Kritiker*innen dieser Ansicht verweisen auf strukturelle Ungleichgewichte, die durchaus auch in freien Gesellschaften Anonymität nahelegen können, wenn es darum geht, Missstände anzusprechen. Das ist jetzt passiert, in einer Mailingliste der Religionswissenschaft. REMID fragte nach, worum es der anonymen studentischen Stimme mit ihrer Intervention gegangen war.

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Soziologie auf Abwegen? Vom Quexit und warum Geisteswissenschaftler*innen gerade besonders wichtig sind

Laut FAZ gibt es aktuell einen neuen “Methodenstreit” in der Soziologie (Artikel vom 23. Januar), genauer einen “Positivismusstreit”. “Natürlich gab es schon immer Auseinandersetzungen zwischen den verschiedenen sozialwissenschaftlichen Richtungen, insbesondere zwischen den Vertretern der qualitativ-hermeneutischen Ansätze und jenen der quantitativ-metrifizierenden Verfahren”, liest mensch da. Und: “seit dem Positivismusstreit der sechziger Jahre [habe] auch keine dieser Richtungen mehr einen Alleinvertretungsanspruch für das Fach angemeldet”. Vom “Quexit” ist die Rede, in Anlehnung an den “Brexit”, Englands geplanten Austritt aus der Europäischen Union, wegen der “Qualos”, den Vertreter*innen qualitativer Ansätze von Sozialforschung, einer “Pippi-Langstrumpf-Soziologie”. Mit diesen wird der “Quexit”, der “Auszug[.] der quantitativen Sozialforschung aus der Soziologie” (Stefan Hirschauer, Der Quexit, Soziolpolis, 2018), begründet. Oberflächlich betrachtet geht es um Ideen von Repräsentativität, der Initiator der ‘spaltenden’ “Akademie für Soziologie”, Thomas Hinz, spricht eher von einer “Unterrepräsentanz” quantifizierener Methoden, und widerspricht zumindest nicht der Zuordnung der Akademie zu “Positionen, die nah am Kritischen Rationalismus und Realismus liegen” (Blog des Soziologie-Magazins, Mai 2018). Eigentlich ginge es auch nicht um weniger Vielfalt in den Methoden, sondern darum “zu einem methodisch kontrollierten und transparenten Weiterentwickeln von Erkenntnissen bei[zu]tragen”, und dass “die wissenschaftlichen Ansätze [nicht] gleichsam um ihrer selbst begründet werden” (ebd.). Einheit in der Vielfalt? Das Problem ist weitaus komplexer, und hat sogar tatsächlich auch eine politische Dimension.

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