Quo vadis Religionswissenschaft? Wissenschaftliche ‘turns’ und die Nabelschau Europas

Wenn man “Quo vadis Religionswissenschaft” im Internet sucht, ist zumindest lokal aktuell der dritte Treffer ein Interview im REMID-Blog, “Quo vadis, domine? Eurozentrismus(kritik) in der Religionswissenschaft” mit Dr. Angelika Rohrbacher aus dem Mai 2012. Die Phrase aus dem Johannesevangelium (13, 36) schildert ursprünglich eine Begegnung zwischen dem Apostel Petrus und Jesus Christus. Neben der dortigen Antwort “Wohin ich gehe, dorthin kannst du mir jetzt nicht folgen. Du wirst mir aber später folgen” (Einheitsübersetzung) gibt es eine zweite in den apokryphen Petrus-Akten: “Nach Rom, um mich erneut kreuzigen zu lassen” (Ps.-Linus 6, p. 7,26; vgl. Otto Zwierlein: Petrus in Rom. Die literarischen Zeugnisse. Mit einer kritischen Edition der Martyrien des Petrus und Paulus auf neuer handschriftlicher Grundlage, 2010, S. 84). Hier motiviert die Antwort Petrus zu einer Umkehr. Wie steht es um das Fach Religionswissenschaft? REMID möchte mit einer neuen Reihe von Interviews oder Gastbeiträgen dieser Frage nachgehen. beginnend mit Prof. Dr. Christoph Kleine (Religionswissenschaft Leipzig).

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Gleiche Rechte für alle Religionen und Weltanschauungen: Mit offener Religionspolitik kann Deutschland international zum Vorbild werden

Die Bahai-Gemeinde kann Körperschaft des Öffentlichen Rechts werden, das beschloss das Bundesverwaltungsgericht Ende 2012 in Leipzig: “Die absolute Zahl der Mitglieder oder das Verhältnis der Mitgliederzahl zur Bevölkerungszahl ist für sich allein regelmäßig nicht aussagekräftig für die Prognose, ob eine Religionsgemeinschaft dauerhaft bestehen wird. Die Bahá´i-Gemeinde in Deutschland besteht seit über 100 Jahren. Ihre Mitgliederzahl in Deutschland ist dabei langsam, aber konstant angestiegen.” Im Juni 2013 erhält darauf die Ahmadiyya Muslim Jamaat als erste muslimische Gemeinde den Körperschaftsstatus. Ebenfalls im Juni beschloss das Verwaltungsgericht Arnsberg, der Hindu-Tempelverein in Hamm sei als Körperschaft anzuerkennen. Insofern ist es genau der richtige Zeitpunkt, sich über die Zukunft von Religionspolitik Gedanken zu machen. Dazu lud das Forum Offene Religionspolitik (FOR) vom 18.-20. Oktober in Gummersbach zu einer Tagung. REMID stellte vor Ort die religiöse Vielfalt Deutschlands vor. Aktuell folgt ein Interview mit FOR-Mitbegründer Sven Speer.

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Bis 120! – Altersbilder im Judentum

“Demografie entscheidet alles”, zitiert Gil Yaron im Juli in der Rhein-Neckar-Zeitung Amnon Sofer, Professor für Geographie in Haifa, dessen Annahmen zur künftigen Bevölkerungsverteilung in Israel und den umstrittenen Gebieten israelische politische Debatten anstoßen. Ebenfalls im Juli schreibt Mathias Kamann in der Welt: “Deutschen Juden droht Armut im Alter“: Heute garantierten sie den Bestand jüdischer Kultur – morgen werden die meisten arm sein. Denn knapp 90 Prozent der hier lebenden Juden sind Zuwanderer aus der ehemaligen Sowjetunion und haben nur minimale Rentenansprüche. Wie ist die Situation jüdischer SeniorInnen in Deutschland? Welche Altersbilder gibt es im Judentum? Zu diesem Thema interviewten wir die Religions- und Kulturwissenschaftlerin Maria Mahler.

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“Empathie und kulturelle Sensibilität sind die zentralen Voraussetzungen”

Kulturelle und religiöse Besonderheiten spielen nicht nur eine Rolle, wenn Menschen nicht-westlicher Herkunft z.B. in ein hiesiges Krankenhaus (vgl. Interview “Religion – Kultur – Medizin: Diversity ist die Devise und nicht Rezepte-Lernen“) oder Altersheim kommen, auch beim Militär kann das von Relevanz sein, gleich ob das Alternative durch einen neuen Rekruten Einzug erhält oder dadurch relevant wird, dass ein Einsatz in einem fremden Land stattfindet. REMID interviewte zum Thema Oberst Dietger Lather (im Generalstabsdienst), vier Jahre Dozent an der Führungsakademie der Bundeswehr im Bereich Joint Operations, Crisis Management, Information Operation und anschließend bis Ende Juli 2009 Kommandeur des Zentrums für Operative Informationen der Bundeswehr, derzeit in einem Divisionsstab an zentraler Stelle für das Change Management im Zuge der Bundeswehrreform verantwortlich.

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Religionsfreiheit hat in Deutschland keine Lobby

Nichts Neues steht im Länderbericht über Religionsfreiheit 2011 des Referats für Demokratie, Menschenrechte und Arbeitsfragen des US-Außenministeriums, so mancher Textabschnitt war bereits im Vorjahresbericht enthalten und wird auch vermutlich in dem für den Sommer zu erwartenden Folgebericht wiederzufinden sein. Die deutsche Regierung habe weder eine Tendenz in Richtung einer Verbesserung noch in Richtung einer Verschlechterung bei der Achtung und dem Schutz des Rechts auf Religionsfreiheit gezeigt. “In einer zunehmend säkularen und pluralen Gesellschaft ist das Recht auf Religionsfreiheit nicht mehr selbstverständlich”, resümiert die Sozialethikerin Marianne Heimbach-Steins in einer Studie im Rahmen des Exzellenzclusters “Religion und Politik” der Universität Münster Ende letzten Jahres. Ähnlich äußerte sich UN-Sonderberichterstatter Heiner Bielefeldt: Es gebe Defizite bei der Religionsfreiheit in Deutschland. So unglücklich die aktuelle Debatte um eine “Katholikenphobie” (Kardinal Joachim Meisner Anfang Februar) begonnen hatte, ausgelöst durch neue Skandale in katholischen Krankenhäusern um die Abweisung von Vergewaltigungsopfern in Köln oder Regensburg und durch einen problematischen “Pogrom”-Vergleich von Erzbischof Gerhard Ludwig Müller – was ist dran an den Beobachtungen, auch gerade in Bezug auf Religionsgemeinschaften jenseits der beiden Amtskirchen?

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Wie steht’s mit der Offenheit für Religionen in Großbritannien? – Die Baroness, der Papst, die Jedi-Ritter und die Medien

Betrachtet man die deutschsprachigen Medien (soweit sie von Google News erfasst werden), ist der Artikel “Wir stehen an der Seite des Papstes” von Thomas Pany auf Telepolis der einzige deutschsprachige Artikel über den Papstbesuch einer britischen Delegation, der nicht in einem explizit katholischen Medium erschienen ist. Baroness Sayeeda Hussain Warsi, die erste weibliche muslimische Ministerin Großbritanniens, hatte in ihrer Rede – überfliegt man die deutschen wie die englischen Titelzeilen der Presse – eine “militante Säkularisierung” kritisiert (aber es geht auch um “Säkularismus“), sie trage einen “Kampf fürs Christentum” zum Vatikan etc. Zwar antwortet sie auf eine Rede Benedikts XVI., welche dieser bei seinem Besuch im Vereinigten Königreich 2010 hielt, und spricht mit ihm einen Repräsentanten des Christentums an, doch in ihrer Rede geht es um Allgemeineres: Sie spricht nicht allein vom christlichen Glauben. Insgesamt ist mit Warsi zum dritten Mal ein Muslime Minister – der britische Pluralismus wirkt auf den ersten Blick integrativer als anderswo. Die Rezeption der diversen Agenturmeldungen über Warsis Rede im Ausland drückt aber eher Erstaunen und Missverständnisse aus Was hat es mit diesem Plädoyer für Offenheit auf sich? Inwiefern geht dieses Medienereignis den Religionswissenschaftler an?

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Religionswissenschaft im Aufwind?

Bei zunehmender Intoleranz ist in einer pluralistischen Gesellschaft eine genauere Sorgfalt bei der Auswahl von Experten in den Medien unverzichtbar – unter Einbezug empirischer Religionswissenschaft. Gerade heute braucht die Gesellschaft religionswissenschaftliche Expertise für die Anforderungen einer pluralistischen Gesellschaft. Zwar findet das diesjährige Symposium der Deutschen Vereinigung für Religionswissenschaft DVRW im September zu dem Thema „Religionswissenschaft im Aufwind. Eine Profilbestimmung angesichts steigender gesellschaftlicher Relevanz“ statt, doch ist die optimistische Perspektive noch etwas zaghaft…

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Islam und Europa – ein jahrhundertelanger Diskurs

“Der Islam ist Teil von Deutschland”, mit dieser Äußerung konnte Bundespräsident Christian Wulff eine besondere Zäsur setzen in einem jahrhundertelangen Diskurs um die Identität Europas. Während der aktuelle Innenminister Hans-Peter Friedrich (CSU) diese Sentenz wieder umzukehren sucht und dabei Erfolge der Deutschen Islamkonferenz mit wenigen Auftritten zu ruinieren droht, schüren Intellektuelle wie Alice Schwarzer eine gefährliche Unschärfe der Begriffe (in der FAZ: “Das Kopftuch ist die Flagge des Islamismus”) oder predigen für Unwissenheit und eine Art säkulare Ignoranz wie die Autorin Monika Maron (im Spiegel: “Aber ist es nicht unser Recht, vom Islam nichts zu verstehen und nur zu erwarten, dass wir von ihm nicht mehr behelligt werden als von allen anderen Religionen?”). […]

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