Religionsparodien – konstitutives Element einer entwicklungsoffenen Religionsfreiheit?

Der Titel meines Vortrages in Jena wurde mir vorgegeben: “Religionsparodien – wie damit umgehen?”. Man spricht auch von “Spaßreligionen”, angedacht ist eine vorgebliche religiöse Verehrung von fliegenden Spaghetti-Monstern oder rosaroten Einhörnern zum Zweck der Parodie von Religionen. Gerade eine Religionswissenschaft, welche essenzialistische Bestimmungen “der Religion” nach ihrem angedachten “Wesen” hinter sich gelassen hat und mit einem erweiterten Religionsbegriff arbeitet, steht vor dem Problem, formal diese Parodiereligionen wie eine neue religiöse Bewegung einstufen zu müssen. Allerdings zielt dann die Frage nach dem Umgang darauf ab, sie in irgendeiner Form auszuschließen. Ich will im Folgenden zeigen, wie folgenschwer problematisch das wäre. Es wird darauf hinauslaufen, dass Religionsparodien für Religionswissenschaftler*innen sogar von systematischem Interesse sein könnten.

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Trendreport: Pluralisierung und Newcomer bei den Religionen und Weltanschauungen in Deutschland

Die Statistik von REMID liefert seit dem Ende der 1990er Jahre detaillierte Angaben zu Religionen in Deutschland. Zunächst ging es darum, bisherige Statistiken dahingehend zu korrigieren, dass längst ein Abbild der Religionen aller Welt im Kleinen auch den gegenwärtigen Pluralismus in Deutschland prägt. Nicht nur der Islam, auch Buddhismus und Hinduismus gehören zu Deutschland. Ebenso ging es darum, Neue Religionen als solche ernstzunehmen, aber auch gesellschaftlichen Tendenzen entgegenzuwirken, welche mit viel zu hohen Schätzungen der Mitglieder sogenannter “Sekten und Psychogruppen” Panikmache betrieben (in den 1990ern wurde etwa von manchen Diskursteilnehmern suggeriert, es gäbe 300.000 Scientologen im Lande). Erst 2012 wurde allerdings der Bereich der Weltanschauungen hinzugenommen, auch als Reaktion auf die Gründung des Koordinierungsrat säkularer Organisationen (KORSO). Allerdings wurden auch andere Bereiche (z.B. Esoterik) erweitert. Welche Trends oder Tendenzen lassen sich herausarbeiten?

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Wie steht’s mit der Offenheit für Religionen in Großbritannien? – Die Baroness, der Papst, die Jedi-Ritter und die Medien

Betrachtet man die deutschsprachigen Medien (soweit sie von Google News erfasst werden), ist der Artikel “Wir stehen an der Seite des Papstes” von Thomas Pany auf Telepolis der einzige deutschsprachige Artikel über den Papstbesuch einer britischen Delegation, der nicht in einem explizit katholischen Medium erschienen ist. Baroness Sayeeda Hussain Warsi, die erste weibliche muslimische Ministerin Großbritanniens, hatte in ihrer Rede – überfliegt man die deutschen wie die englischen Titelzeilen der Presse – eine “militante Säkularisierung” kritisiert (aber es geht auch um “Säkularismus“), sie trage einen “Kampf fürs Christentum” zum Vatikan etc. Zwar antwortet sie auf eine Rede Benedikts XVI., welche dieser bei seinem Besuch im Vereinigten Königreich 2010 hielt, und spricht mit ihm einen Repräsentanten des Christentums an, doch in ihrer Rede geht es um Allgemeineres: Sie spricht nicht allein vom christlichen Glauben. Insgesamt ist mit Warsi zum dritten Mal ein Muslime Minister – der britische Pluralismus wirkt auf den ersten Blick integrativer als anderswo. Die Rezeption der diversen Agenturmeldungen über Warsis Rede im Ausland drückt aber eher Erstaunen und Missverständnisse aus Was hat es mit diesem Plädoyer für Offenheit auf sich? Inwiefern geht dieses Medienereignis den Religionswissenschaftler an?

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Von Chanology bis Pentabarf – wie halten Hacker es mit der Religion?

Die Welt der sogenannten Nerds war von Anfang an gekennzeichnet durch eine gewisse Affinität, sozusagen mittels einer Art Cyber-Platonismus die digitalen Welten zu bevölkern: Lässt man sich in einem Linux-System z.B. die aktuell laufenden Systemprozesse anzeigen, wimmelt es da von “Dämonen” (disk and execution monitors), nicht nur “Trojaner” verweisen auf Mythologien, die Programmiersprache “Bon” wurde benannt nach dem “Gemurmel magischer Formeln” der tibetischen Bön-Religion, und die Rede vom “Avatar” als Bezeichnung für eine eigene Repräsentation an einem bestimmten digitalen Ort macht den Umgang mit dem Computer zu einem transzendenten Akt. Aber das ist nicht alles. Schon die ersten “Hacker”-Generationen entwickelten eigene Sinnkonzepte.

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