Online-Wissenschaftskommunikation für Religionswissenschaftler*innen

In Kooperation mit dem Centrum für Religionswissenschaftliche Studien – CERES der Uni Bochum und dem Institut für Religionswissenschaft an der Uni Hannover bietet Remid e.V. im September ein Blockseminar für Studierende an:

Gerade in Zeiten von Fake News ist es wichtig, wissenschaftlich fundiertes Wissen über Religionen anzubieten, unparteiische und objektive Perspektiven auf gesellschaftliche Diskurse aufzuzeigen und religionswissenschaftliches Wissen für Laien verständlich aufzubereiten. Doch um Menschen zu erreichen, die sich außerhalb des berühmten „Elfenbeinturms“ aufhalten, müssen Wissenschaftler*innen neue Wege suchen und ihre Themen dort vertreten, wo sie sich informieren – z.B. online bzw. in den Sozialen Medien.

Religionswissenschaftler*innen stehen vor dem Problem, dass ihre Perspektive in öffentlichen Debatten oft nicht wahrgenommen oder eingefordert wird. Um öffentliche Diskussionen nicht mehr länger Theolog*innen zu überlassen, müssen Religionswissenschafter*innen ebenfalls lernen, wie sie ihre Expertise in den öffentlichen Diskurs einbringen können.

In dem Seminar lernen Studierende verschiedene Plattformen wie YouTube, Instagram, Facebook oder Twitter kennen und setzen sich damit auseinander, welche Plattform und welches Medium sich für die Kommunikation welcher Inhalte eignet oder eben auch nicht. Außerdem gucken wir uns Best-Practice Beispiele von gelungener Wissenschaftskommunikation an, sowie Beispiele, wie man es besser nicht machen sollte. Studierende können sich in diesem Blockseminar ausprobieren und erstellen unter Anleitung Social Media Beiträge, Blogartikel oder Kurzvideos zu einer religionswissenschaftlichen Thematik ihrer Wahl. Dazu kooperieren wir mit dem wissenschaftlichen Nachrichtendienst REMID e.V., der ein Vorreiter der religionswissenschaftlichen Wissenschaftskommunikation ist.

Das Blockseminar bietet die Möglichkeit, in den Bereichen Informationsmanagement und Social Media unter Anleitung Erfahrungen zu sammeln, hilfreiche Tools und Software kennen zu lernen, mehr über das Schreiben für die Öffentlichkeit zu erfahren und gleichzeitig religionswissenschaftliche Standpunkte in öffentlichen Diskussionen sichtbarer und allgemein verständlich zu machen. Somit bekommen die Studierenden einen Einblick in die Öffentlichkeitsarbeit und erfahren mehr über mögliche berufliche Perspektiven in diesem Bereich (NGOs, Museen, Bildungseinrichtungen, Pressestellen, etc.).

Zeitraum: 11.-13.09. von 09:00 bis 16:00 Uhr und 22.09.2023 von 09:00 bis 12 Uhr (Blockseminar)
Dozierende: Mona Stumpe, Anna Kira Hippert, Dunja Sharbat Dar

Teilnehmerbegrenzung: 15 Personen. 

Teilnahmebedingungen: Einreichen eines formlosen Motivationsschreibens von 250 Wörtern per Mail an die Dozierenden Mona Stumpe ([email protected], Anna Kira Hippert ([email protected]) und Dunja Sharbat Dar ([email protected]). Einreichfrist: 01.06.2023.

Die seltsame Verschwörungstheorie der chasarischen Juden

Die Geschichte des türkischen Chasarenvolkes ist eigentlich ein eher unscheinbares historisches Thema. Um sie herum hat sich jedoch eine Verschwörungstheorie entwickelt, die möglicherweise die kurioseste in der jüdischen Geschichte ist. Bis heute wird der Ablauf der chasarischen Geschichte in wissenschaftlichen und verschwörungstheoretischen Kreisen diskutiert, sogar die russische Invasion der Ukraine ließ das Thema wieder aufblühen. Doch wie kam es dazu?

WER SIND DIE CHASAREN?

Die Chasaren waren ein semi-nomadisches Volk, dass vom 7. bis zum 10. Jahrhundert den Kaukasus bewohnte. Sie haben vermutlich nicht geschrieben, wodurch fast alles, was man heute über sie weiß, aus arabischen Reiseberichten über die Region stammt. Und diese Berichte behaupten teilweise, dass das Volk der Chasaren irgendwann zum Judentum konvertiert ist.

Konversionen sind in der Geschichte des Judentums relativ selten und notorisch kompliziert, unter anderem erfordern sie beispielsweise eine Erwachsenenbeschneidung1. Ein gesamtes Reich mit einer kollektiv konvertierten jüdischen Regierung wäre daher wirklich eine Besonderheit.

Diese kuriose Geschichte faszinierte auch den Schriftsteller Arthur Koestler (1905-1983). Koestler war kein Historiker, aber jemand der Geheimnisse und Rätsel liebte. Sein Roman „Sonnenfinsternis“ (1940)beschreibt die Kommunikation mit Klopfcodes und „Der göttliche Funke“ (1964)handelt von ähnlichen Chiffren, Geheimcodes und Matrizen. Sein Werk „Der dreizehnte Stamm“ (1976) widmete sich den aus den Reiseberichten überlieferten Gerüchten und beschrieb, wie die Chasaren zum Judentum konvertierten. Koestler vermutete sogar, dass ein Großteil des heutigen aschkenasischen Judentums von diesen konvertierten Chasaren abstamme. Nachdem der israelische Historiker Shlomo Sand die Theorie von Koestler in seinem Bestseller „Die Erfindung des jüdischen Volkes“2 (2009)aufgriff, wurden die Chasaren zu einem Diskussionsthema in wissenschaftlichen und nichtakademischen Kreisen3.

FAKE JEWS

Die Theorie der sogenannten „Fake Jews“ gewann unter Verschwörungstheoretikern großen Zuspruch, auch wenn Koestler selbst sich von allen Verschwörungstheorien distanzierte.4 Die Idee von konvertierten „Fake Jews5 kam antisemitischen Verschwörungstheoretikern aus allen politischen Lagern sehr gelegen6. Die heutigen Juden wären demnach nicht mehr das schützenswerte edle Volk der Israeliten, das auserwählte Volk Gottes, sondern parasitäre Betrüger7. Und eigene Aussagen gegen Jüdinnen und Juden wären dann auch nicht mehr antisemitisch, weil sie sich ja nicht gegen die „echten Juden“, sondern die chasarischen „Fake Jews“ richten würden.

Diese Chasarentheorie wurde außerdem auch antizionistisch ausgelegt: Wenn die aschkenasischen Juden gar nicht das biblische Volk aus Palästina wären, warum sollten sie dann ein Rückkehrrecht in dieses Land haben? Israel als Staat der „Fake Jews“ wurde damit zur „Fake Nation“8.

Diese Theorie wurde immer populärer, obwohl Koestlers „Der dreizehnte Stamm“ selbst die Aberkennung des Existenzrecht Israels schon verneinte: „the State of Israel’s right to exist […] is not based on the hypothetical origins of the Jewish people[…]. Whether the chromosomes of its people contain genes of Khazar or Semitic, Roman or Spanish origin, is irrelevant, and cannot affect Israel’s right to exist“.9

DIE CHASAREN UND DER UKRAINEKRIEG

Mit der russischen Invasion der Ukraine bekam die Verschwörungstheorie der Chasaren eine neue Bedeutung. Die komplexe politische Beziehung der Ex-Sowjetstaaten wird in diese Theorie stark vereinfacht und „die Juden“ werden zum Strippenzieher im Geheimen – mithilfe einer pseudowissenschaftlichen Erklärung. Die „Chasarenmafia“ steuere beide Seiten des Krieges, die direkten Nachfolger der zum Judentum konvertierten Chasaren10.

[Antisemitische Karikatur, „Hinter der russischen/ukrainischen Maske strebt der Jude nach Konflikt“]

[Antisemitische Karikatur, „Hinter der russischen/ukrainischen Maske strebt der Jude nach Konflikt“]

Schon im April 2022 wurde dieses Bild auf der russischen Social Media-Plattform vk verbreitet11. Es zeigt antisemitische Karikaturen von Juden mit russischer und ukrainischer Maske, sowie die russische und ukrainische Flagge mit Davidstern im Zentrum, der israelischen Flagge nachempfunden. Sowohl Russland als auch die Ukraine sollen demnach heimlich jüdische Staaten sein und der aktuelle Konflikt sei nur ein weiteres Komplott der Juden. In russischsprachigen Telegram-Kanälen heißt es dann: „Die Ukraine ist die Heimatstätte und letzte Bastion der Chasarenmafia, die den Deep State der Welt kontrolliert“ und „Die Rothschild-Chasarenmafia […] kontrolliert das Bankwesen, […], das Parlament, die Massenmedien“.12

Anders als andere Verschwörungstheorien, die oft auf absurde Konzepte wie eine flache Erde oder humanoide Echsen setzen, besitzt die Chasarentheorie einen vermeintlich realwissenschaftlichen Kern. Wissenschaftler und Verschwörungstheoretiker spekulieren über dieselbe Frage um die Herkunft der Chasaren, sodass die Grenzen zwischen akademischer und verschwörerischer Wissensfindung verschwimmen.

DAS CHASARENMÄRCHEN

Für meine Bachelorarbeit las ich zum ersten Mal die arabischen Reiseberichte zu den Chasaren im Original und war erstaunt darüber, was für eine Nebenrolle das Thema Judentum für die Autoren spielte: al-Masʿūdī schweifte lang über die Geographie der kaukasischen Gebirge aus, Ibn Faḍlān beschrieb minuziös die Bestattungsriten der Chasaren und Ibn Rusta verlor sich in detailliertesten Beschreibungen des chasarischen Militärs – zur Religion der Chasaren schreiben sie aber nur kurze, relativ trockene Absätze. Für die herrschenden Khalifen, die die Autoren beauftragten, war militärisches Wissen viel relevanter als die Religion der Chasaren: Wie sind ihre Städte aufgebaut? Wie stark ist ihr Militär? Welche Gebirge erschweren den Weg? Zur Religion wurden daher meist nur knappe Notizen gemacht.

Zum Ablauf der vermeintlichen Konversion der Chasaren zum Judentum findet sich hingegen in der – sehr wahrscheinlich nicht authentischen – Korrespondenz zwischen dem Chasarenkönig Josef und dem spanischen Historiker Chasdai ibn Shaprut eine märchenhafte Erzählung. In dieser Geschichte ruft der chasarische König Bulan je einen christlichen, muslimischen und jüdischen Gelehrten zu sich, um sich für die wahrhaftigste Religion von ihnen zu entscheiden. In einem Streitgespräch geben sowohl der muslimische, als auch der christliche Gelehrte zu, dass sie eher zum Judentum als zur jeweils anderen Religion neigen würden. Das Judentum, das selbst nicht missioniert, überzeugt den König und er nimmt schlussendlich die jüdische Religion an.

Die Geschichte erinnert an die Ringparabel aus Nathan der Weise von Gotthold Ephraim Lessing. Beide Geschichten haben auch denselben Ursprung. Die Legende von einem weisen Herrscher, der zwischen den drei abrahamitischen Religionen entscheiden muss, ist im Nahen Osten schon mindestens seit dem 8. Jhd. n.Chr. bekannt und wurde zu dieser Zeit zu einem häufigen literarischen Motiv. Es ist ein Gründungsmythos, der hier auch nur als solcher gemeint ist. Eine identitätsstiftende Legende, aber kein Versuch, tatsächliche Geschichte niederzuschreiben.

FALSCHE ÜBERSETZUNGEN

Neben dem Brief von Ibn Shaprut wird meist al-Masʿūdī zitiert, wenn es um die „Konversion“ der Chasaren zum Judentum geht:

kāna tahawwuda maliki l-ḫazari fī ḫilāfati r-Rašīd13, wörtlich: „Während der Herrschaft von Khalif Harun ar-Raschid [ungefähr 786-809 n. Chr.] wurde der König der Chasaren jüdisch“

Der verwendete Begriff tahawwud meint hierbei wahrscheinlich nicht unbedingt, dass es eine religiöse Konversion zum Judentum gab, sondern eher, dass ein gebürtiger Jude das Königsamt übernahm: Der König „wurde jüdisch“, weil ein Jude zum König wurde.

Und die Erklärung dafür liefert al-Masʿūdī direkt im Anschluss:

wa-huwwa sannatu ʾiṯnān wa-ṯalaṯīna […] fa-tahāraba ḫalqun min al-yahūdi min arḍi r-rūm ʾilā ʾardi l-ḫazari14, also: „Im Jahr 943 n.Chr. […] floh eine Gruppe von Juden [wegen Verfolgungen und Zwangskonversionen] aus dem Byzantinischen Reich in das Land der Chasaren“.

Aus dieser Quelle kann man rückschließen: Es gab keine Konversion, vielmehr übernahm eine Gruppe aus dem byzantinischen Reich geflohener Juden das Königsamt im Land der Chasaren. Das ist der Ursprung der jüdischen Chasaren – offensichtlich für jeden, der die Quelle im Original liest.

Leider arbeiten die meisten wissenschaftlichen Quellen eben nicht mit dem Originaltext, sondern mit einer Übersetzung: Das Interesse an dem Thema Chasaren kommt nicht primär aus der Arabistik oder Islamwissenschaft. Es sind vor allem Fachfremde, die nicht mit der Sprache der Hauptquellen vertraut sind, aber trotzdem unbedingt versuchen wollen, eine Theorie damit zu belegen oder entkräften. Und so sind sie den kreativen Neuinterpretationen von Übersetzern ausgeliefert:

le judaïsme […] est devenu la religion dominante dans cet État“, also „Das Judentum wurde zu diesem Zeitpunkt zur dominanten Religion“15

Die bekannteste Übersetzung von al-Masʿūdī, die französische Übersetzung von de Meynard, weicht ohne ersichtlichen Grund von der originalen Bedeutung ab. Im Originaltext geht es nur um eine einzige Person: den chasarischen König, der jetzt Jude ist – und nicht der Verbreitung einer „dominanten Religion“.

[the Khazars] embraced the tenets of the jews“, also „[die Chasaren] nahmen die Lehren der Juden an“16

Die bekannteste englische Übersetzung behauptet zwar nicht explizit, dass es eine Konversion zum Judentum gab – aber deutet zumindest stark darauf hin. Bedenkt man, dass al-Masʿūdī meint, dass ein gebürtiger Jude zum chasarischen König wurde, ergibt ein „Annehmen der Lehren der Juden“ keinen Sinn mehr.

Ob man die oben besprochenen Texte als freie Übersetzungen, Übersetzungsfehler oder „Verschönerung“ der historischen Tatsachen definiert, bleibt Ansichtssache. Sicher ist, dass die Texte von al-Masʿūdī basierend auf diesen Übersetzungen in der akademischen und nicht-wissenschaftlichen Welt falsch interpretiert wurden. Immer mit dem Ziel, die unglaubliche Geschichte von der Konversion wahrhaben zu wollen, obwohl die Originalquelle es nicht nahelegt.

ZU SCHÖN, UM NICHT WAHR ZU SEIN

Die Geschichte eines antiken türkischen Nomadenreiches, das tausend Jahre vor der Gründung des israelischen Staates einstimmig zum Judentum konvertierte, ist märchenhaft. Die Legende vom „dreizehnten Stamm“ ist so faszinierend und absurd, dass man sie einfach wahrhaben will.

Beispielhaft für diese Mentalität ist die DNA-Studie von Eran Elhaik (2012). Der israelisch-amerikanische Bioinformatiker versuchte eine genetische Verbindung zwischen den Chasaren und den heutigen europäischen Juden herzustellen, um damit zu prüfen, ob sie wirklich Nachfahren der jüdischen Chasaren sind. Da das Volk der Chasaren aber seit dem 10. Jahrhundert nicht mehr existiert und man daher keine DNA-Proben von ihnen nehmen kann, untersuchte Elhaik einfach DNA-Proben von Georgiern und Armeniern, da sie für ihn zur selben „genetischen Kohorte“17 gehörten.

Die DNA-Studie ist ein methodischer Albtraum. Man kann nicht einfach die DNA der heutigen Kaukasus-Bewohner mit den Chasaren des 10. Jahrhunderts gleichsetzen, noch weniger kann man damit die These von einer chasarischen Konversion zum Judentum beweisen. Trotzdem ist die Elhaik-Studie bis heute eine der meistzitierten Quellen zum chasarischen Judentum18 – nicht, weil sie eine fundierte Antwort auf eine wissenschaftliche Frage liefert, sondern weil sie eine einfache Antwort auf eine politische Frage bietet.

Eine ähnliche Situation ergab sich nach dem archäologischen Fund des jüdischen Friedhofes Çufut Qale in der heutigen Ukraine. Nachdem man dort Grabsteine mit hebräischen Inschriften fand, war die Antwort erstmal eindeutig: Das ist ein Friedhof der jüdischen Chasaren19. Eine spätere Analyse von Artem Fedorchuk ergab jedoch massive Fehler beim Auslesen der Todesdaten, die Grabsteine stammen aus dem 16. Jahrhundert und könnten daher unmöglich von Chasaren (7.-10. Jhd.) stammen.20

So ein grober Fehler von Historiker Abraham Firkowicz erklärt sich durch den confirmation bias: Mit der Geschichte der jüdischen Chasaren im Hinterkopf, ordnete er hebräische Inschriften auf dem ehemaligen Staatsgebiet der Chasaren schnell einander zu – und das auch, wenn die Geschichte von jüdischen Chasaren selbst total fragwürdig ist. Dieser Fehler ist das Resultat einer verzweifelten Suche nach einer schönen, einfachen Antwort für eine emotionale politische Frage.

JÜDISCHE CHASAREN?

Es ist an der Zeit, die Theorie der jüdischen Konversion der Chasaren nicht als kontrovers, sondern als unglaubwürdig zu beurteilen. Das schwere emotionale Gewicht der Chasarenfrage darf der unabhängigen wissenschaftlichen Bewertung der Quellen nicht im Weg stehen. Und diese ergibt eben, dass eine Migration einer Gruppe jüdischer Händler aus dem Byzantinischen Reich viel wahrscheinlicher ist als eine gesamtheitliche Konversion des chasarischen Volkes zum Judentum. Auch wenn es die „langweiligere“ Geschichte ist.

So sehr man sich danach sehnt, die Quellenlage zu den Chasaren ist dünn und die Frage nach ihrer Religion kann niemals endgültig beantwortet werden. Oft ist aber die einfachste Erklärung die naheliegendste – die historische Wahrheit ist meistens eben keine märchenhafte Geschichte.

—–

1 vgl. Dunlop, Douglas, The history of the Jewish Khazars, Princeton 1954: 118f.

2 hebräischer Originaltitel: „matai ve-ekh humtza ha-am ha-yehudi?“, „Wann und wie wurde das jüdische Volk erfunden?“

3 z.B. Sahm, Ulrich, Das Chasaren-Märchen, Jüdische Allgemeine, (1.7.2014), https://www.juedische-allgemeine.de/kultur/das-chasaren-maerchen; van Straten, Jits, The Origins of Ashkenazi Jewry (2011), Berlin/New York 2011; Stampfer, Shaul, Did the Khazars Convert to Judaism? (2013), Jewish Social Studies, Vol. 19, Nr. 3

4 vgl. Koestler, Arthur, The Thirteenth Tribe, London 1976: 196

5https://www.ajc.org/translatehate/not-the-real-Jews, siehe auch das Unpacked-Video, dass den Begriff Fake Jews im Video-Thumbnail enthält: https://jewishunpacked.com/the-conspiracy-of-the-origin-of-ashkenazi-jews/

6 vgl. https://www.ajc.org/translatehate/not-the-real-Jews

7 vgl. https://www.ajc.org/translatehate/not-the-real-Jews

8 https://www.ajc.org/translatehate/not-the-real-Jews

9 Koestler 1976: 196

10 https://www.adl.org/resources/blog/antisemitic-conspiracy-theories-abound-around-russian-assault-ukraine

11 https://vk.com/@adonaris-kto-razvyazal-voinu-mezhdu-rossei-i-ukrainoi

12 https://www.adl.org/resources/blog/antisemitic-conspiracy-theories-abound-around-russian-assault-ukraine

13 al-Masʿūdī / de Meynard, Barbier, de Courteille, Pavet, Les Prairies d’Or, Bd.2, Paris 1861: 8

14 al-Masʿūdī 1861: 8f.

15 de Meynard/al-Masʿūdī 1861: 8

16 Sprenger 1841, zitiert nach Stampfer 2013: 19

17 Elhaik, Eran, The Missing Link of Jewish European Ancestry: Contrasting the Rhineland and the Khazarian Hypotheses (2012), Genome Biology and Evolution, Vol. 5, Nr. 1: 64

18 vgl. Stamper 2013: 3

19 Fedorchuk, Artem, New Findings Relating to Hebrew Epigraphic Sources from the Crimea, with an Appendix on the Readings in King Joseph’s Letter, in: Golden, Peter (Hrsg.), The World of the Khazars, Leiden/Boston 2007: 109

20 Fedorchuk 2007: 121f.

Autor: Nizar Blass,
Bachelorstudent „Naher und Mittlerer Osten“ an der LMU München,
im Rahmen seines studienbegleitenden REMID-Praktikums

Reform des Wissenschaftszeitvertragsgesetzes in der Kritik

Wird sich die eh schon prekäre Lage von Doktorand*innen noch weiter verschlechtern?
#WissZeitVG #ProfsfürHanna

Am 17.03.2023 hat das Bundesministerium für Bildung und Forschung seine Reformbemühungen zum Wissenschaftszeitvertragsgesetzes (WissZeitVG) vorgestellt. Das grundsätzliche Anliegen: Die Arbeitsbedingungen in der Wissenschaft verbessern, insbesondere was die langfristige Planbarkeit einer akademischen Karriere betrifft. Konkret soll darauf abgezielt werden, Promovierenden mehr Verlässlichkeit zuzusichern, indem einerseits Mindestvertragslaufzeiten bei Erstverträgen festgelegt werden, andererseits aber auch die Höchstbefristungsdauer von sechs auf drei Jahre abgesenkt wird.

Es ist insbesondere die Verkürzung der Höchstbefristungsdauer, welche zahlreiche Stimmen aus der Wissenschaft heftig kritisieren: Was in der Theorie womöglich förderlich klingt, stellt sich sehr schnell als klarer Widerspruch zur aktuellen Realität von Promotionsstudierenden dar: Bei Überschreitung der vorgegebenen 3 Jahre müssten die Universitäten zwingend Doktorand*innen unbefristet einstellen, was in der Praxis eine Seltenheit abseits von Professuren ist. Besteht für Universitäten also weder die Möglichkeit, Promovierende befristet noch unbefristet anzustellen, verschlechtert sich die an sich schon prekäre Lage derjenigen, die eine Promotion anstreben.

Da für die Annahme einer Professur ein ungeschriebenes „akademisches Alter“,
das heißt ausreichend Erfahrung in Lehre und Forschung vorausgesetzt wird, besteht die letzte Möglichkeit, die eigene Stelle über Drittmittel zu finanzieren. Um also weiterhin in der Wissenschaft tätig zu sein, wären Doktorand*innen gezwungen, sich alle zwei bis drei Jahre um Fördergelder zu bewerben. Während sich dies für förderungsstarke Fachgebiete vergleichsweise unkompliziert gestalten mag, stehen insbesondere Promovierende geisteswissenschaftlicher Fächer vor einer weiteren Herausforderung. Das ständige Entlanghangeln an Drittmittelprojekten sowie der damit verbundene Zwang, regelmäßig den Standort zu wechseln, stellt nicht nur auf persönlicher Ebene eine Belastung dar, sondern widerspricht auch der vom WissZeitVG abgezielten Verbesserung von Familien- und inklusionspolitischer Planbarkeit.

Ein Grund, weshalb die eigentlich als Verbesserung der Arbeitsbedingungen angedachte Reform konträr zur praktischen Umsetzbarkeit steht, liegt unter anderem in der grundlegenden Struktur des deutschen Bildungssystems: Während zwar das Bildungsministerium für die bundesweite Gesetzgebung zuständig ist, stellt sich die Finanzierung von zum Beispiel unbefristeter Stellen als Angelegenheit der einzelnen Bundesländer dar. Und eben diese legen letztlich die Auswahl und Anzahl der entsprechenden Stellen fest; unabhängig davon unter welchen Bedingungen die Anstellung geschieht. Aufgrund eben dieser planungsunsicheren Arbeitsbedingungen gestalten sich deutsche Hochschulen für viele als zunehmend unattraktiver Arbeitsort.

In einem offenen Brief, welche mittlerweile von über 2.500 Professor*innen aus ganz Deutschland und sämtlichen Fachgebieten unterschrieben wurde, fordern Kritiker*innen nun, dass das WissZeitVG „entweder grundlegend novelliert oder endlich abgeschafft“ wird.

Autor: Sebastian Mihatsch

Mehr Infos:

Link zur Kritik und Unterschriftenaktion: https://tubcloud.tu-berlin.de/s/eJDLgfcCC26FdGq

Berichterstattung der Tagesschau: https://www.tagesschau.de/inland/gesellschaft/wissenschaft-zeitvertragsgesetz-protest-101.html

Meldung des BMBF: https://www.bmbf.de/bmbf/shareddocs/kurzmeldungen/de/2023/03/230317-wisszeitvg.html

Eine weitere Runde RiB: Diesmal in Hamburg und hybrid

Vom 29.07.-30.07.2022

…. Diesen Blick kennen wir, nicht wahr ?

Denn auch dieses Jahr ist es uns gelungen ein Programm zu erstellen, welches die vielfältigen Berufsbilder mit religionswissenschaftlichem Hintergrund aufzeigt.

Wir würden uns freuen, Sie mit einem Lächeln aus der Konferenz zu entlassen.

Für nähere Informationen besuchen Sie gerne unsere ausführliche Website:

https://religionswissenschaftimberuf.wordpress.com

Februar 2020 keine Veranstaltung der Reihe „Religion am Mittwoch“

Im Februar 2020 findet keine Veranstaltung der Reihe „Religion am Mittwoch“ statt, welche gemeinsam mit anderen Trägern vom Religionswissenschaftlichen Medien- und Informationsdienst REMID e.V. verantwortet wird. Ich hatte als Vertretung des Vorsitzes von REMID mein Veto gegen den Vorschlag, Frau Susanne Schröter einzuladen, eingelegt, so dass die Veranstaltung jetzt ohne Beteiligung unseres Vereins stattfindet und außerhalb der Reihe steht.

Mein persönliches Statement: Leider findet sie dennoch statt – zur gleichen Zeit an einem anderen Ort. Vertreter*innen von SDS.dielinke Marburg, vom Autonomen Schwulenreferat der Universität sowie des Intersektionalen Black_PoC feministischen Archives haben jetzt zu einer Gegenveranstaltung aufgerufen: Antimuslimischem Rassismus keine Bühne bieten: Gegen Dr. Susanne Schröters Vortrag zum „Politischen Islam“ an der Philipps-Universität Marburg (01.02.2020).

Persönlich unterstütze ich die Kritik an Frau Schröter. Und insgesamt muss das (bundesweite, globale) Fachgebiet der Religionswissenschaft sich fragen, ob und wie es sich grundsätzlich politisch positionieren möchte. Es geht hier nicht nur um essenzialistisch aufgeladene Kulturkonzepte, die Ablehnung von als „postmodern“ markierter und scheinbar „erweiterter“ Rassismusbegriffe oder Bevorzugungen unterschiedlicher Schulen von Feminismus. In doppelter Perspektive geht es ebenso um die Verantwortung in der Expert*innenrolle gegenüber den Medien. Das beginnt dabei, nicht Blättern wie Tichy’s Einblick oder der Achse des Guten in der Sache ausschließlich affirmative Interviews zu geben und sie in ihrer islamfeindlichen Agenda damit letztlich zu unterstützen. Dazu müsste gehören, das eigene Interesse an einer politischen Agenda mindestens besser von der Expert*innen-Rolle zu trennen, und noch eher, nicht politisch fragwürdige Narrative wie das der angeblich bedrohten Meinungsfreiheit oder das der sogenannten „Political Correctness“ zu reproduzieren.

Auf der anderen Seite liest sich das Zitat des damaligen DITIB-Vorsitzenden „Das Kopftuch ist nicht so wichtig“ (Zeit.de, 2004) unter „Kleidungsvorschriften“ aus unserer damaligen „Informationsplattform Religion“ heute wie aus der Zeit gefallen. Doch weder der Grad, wie stark der Einfluss Erdogans auf den größten Moscheeverband und dessen Radikalisierung zugenommen hat, noch dass auch im Verein der Fall vorgekommen war, Islamismus konkret vor Ort nicht unmittelbar erkannt zu haben (siehe Islam im fairen Handel, 2015), rechtfertigt elaborierte Varianten eines Islamisierungstopos, die mit der Erzählung einer „Unterwanderung“ der Zivilgesellschaft arbeiten.

Am erstaunlichsten finde ich, dass es kaum versierte Auseinandersetzung mit Frau Schröters öffentlichen Thesen gibt:

Kris Wagenseil

Themenseite Islam bei REMID.

Religionswissenschaft im Beruf 2.0: Anmeldung noch bis 30. Juni möglich


Am 20./ 21. Juli 2019 werden sich im Mannheimer Stadthaus (geändert!) die Religionswissenschaftler*innen im Beruf und im Studium aus Deutschland, Österreich und der Schweiz zusammenfinden und gemeinsam berufliche Möglichkeiten und Perspektiven austauschen.

Grafik: Pfeil nach rechts Anmeldung unter rib.remid.de

Vom Heidelberger Team der Veranstalter*innen interviewte REMID Isis Mrugalla, Sophie Stolberg, Clara Wenz und Philipp Wehage:

Grafik: Pfeil nach rechts “Wir sind richtig gut darin, Komplexität zu begreifen. Das ist quasi unsere Superkraft.” Interview zu Religionswissenschaft im Beruf (RiB) 2.0 (24. Mai 2019).

Neuer Themenschwerpunkt: Methoden der Religionswissenschaft

Eine lange aufgeschobene Aufgabe bestand darin, einen siebten Themenschwerpunkt zu bestimmen. Am besten sollte dieser dabei so gewählt werden, dass die Reihe an Themenschwerpunkten abgeschlossen werden kann. Längere Zeit war zwar ein Themenschwerpunkt „Religion und Gesundheit“ geplant, und REMID dankt den zwei Interviewpartner*innen, die sich auf diesen Aufruf gemeldet haben. Dennoch reicht das vorhandene Material eigentlich nicht für einen eigenen Themenschwerpunkt aus. Zudem hätte dieser zu viele andere schöne Stücke auf weitere, noch zu entwerfende, achte und neunte Themenschwerpunkte verschoben.

Die Lösung mag den Fachkolleg*innen in dem Detail seltsam erscheinen, dass sie nicht von Anfang an auf der Hand lag: Methoden der Religionswissenschaft. Innerhalb dieses neuen Themenschwerpunkts wurde jetzt auch der Bereich „Religion und Gesundheit“ integriert. Dass „Methoden“ nicht von Anfang an im Blick waren, hat übrigens auch einen einfachen Grund: Interviews zu aktuellen Forschungen oder Theorieentwicklungen decken die Fachgeschichte nur unzureichend ab. Daher unterscheidet sich dieser Themenschwerpunkt von den übrigen durch eine Integration von weitaus mehr externen Materialien als sonst:

– Unter den jeweiligen Abschnitten, welche die Fachgeschichte aufgliedern, finden Sie zunächst die Buchcover wichtiger Grundlagenwerke. Ein Klick auf die Abbildung führt, soweit online (legal) vorhanden, zu Digitalisaten dieser Werke. Wer will kann also ein Selbststudium beginnen, dass im Unterschied zu Wikipedia weitaus besser erlaubt, auch „2. Linguistic Turn“, „3. Sozialwissenschaftliche oder qualitative Wende“, „4. Neue soziale Bewegungen: Diskriminierungsforschung & Gender Studies“ oder „5. Religionswissenschaft und Postmoderne“ angemessen zu erschließen.

– Die meisten Abschnitte sind zudem unterteilt. In einem Bereich werden weitere Grundlagentexte, besondere Einflüsse in dieser Periode oder Anwendungsbeispiele aufgeführt, wiederum mit vielen Möglichkeiten zum Weiterlesen. Darauf wird auf das diesbezügliche REMID-Angebot verwiesen.

– Ein umfangreicher Bereich „8. Diverse Datenbanken & Materialien“ bietet schließlich sozusagen das Handwerkszeug für die Arbeit am Material, seien es Korpora von Textzeugen o.ä. (Ritualszenen), seien es spezifisch religionswissenschaftliche Bibliographien, Handbücher oder Archive oder soziologische Datenerhebungen.

Sicherlich ist diese Übersicht noch unvollständig. Gerne nimmt REMID Ergänzungsvorschläge entgegen.

Grafik: Pfeil nach rechts Methoden der Religionswissenschaft

Themenschwerpunkte insgesamt
Grafik: Pfeil nach rechts Religionsfreiheit
Grafik: Pfeil nach rechts Islam
Grafik: Pfeil nach rechts Christentum aus religionswissenschaftlicher Sicht
Grafik: Pfeil nach rechts Religionen der Welt
Grafik: Pfeil nach rechts Weltanschauungen und Säkularität
Grafik: Pfeil nach rechts Methoden der Religionswissenschaft
Grafik: Pfeil nach rechts Esoterik und alternative Spiritualität