Informationsplattform Religion: Die Partei „Christliche Mitte“


Die Partei „Christliche Mitte – Für ein Deutschland nach GOTTES Geboten“ (CM) sieht sich als Verteidigerin eines christlichen Deutschlands gegen eine in vollem Gang befindliche muslimische Eroberung. Dementsprechend hat sie die Parole „Deutschland den Deutschen“ in „Deutschland den Christen“ (Kurier 9/02) abgewandelt. Die CM sieht im Christentum die Grundlage der deutschen Identität, die es zu verteidigen gelte. Diese Identität erscheint ihr durch die Säkularisierung gefährdet, die schließlich der von der CM als Invasion gedeuteten Einwanderung aus islamischen Ländern – vorrangig aus der Türkei -, den Weg bereitet habe.

Niedergang des christlichen Deutschland

Der „Niedergang des christlichen Deutschlands“ (Pietrek 2001, 221) beginnt demnach mit der Aufklärung des 18. Jahrhunderts sowie der Zerschlagung des Heiligen Römischen Reiches deutscher Nation infolge der französischen Revolution und der damit verbundenen Inbesitznahme geistlichen Besitzes durch weltliche deutsche Fürsten.
Gegenüber dieser Geschichte des Verfalls wird in den Schriften der CM das feudale und absolutistische Europa positiv geschildert. Insbesondere lobt sie den „militanten Widerstand gegen den Islam“ (Mertensacker o. J.), beginnend mit der Schlacht der Franken unter Karl Martell gegenAraber bei Tours und Poitiers (732), über die Kreuzzüge bis zur Verteidigung Wiens gegen die Türken (1682).

Endgültig seien die Dämme des „christlichen Deutschland“ jedoch im zwanzigsten Jahrhundert gebrochen, und zwar insbesondere durch das NS-Regime und die DDR, die die Konfessionsstatistik gewaltsam verändert hätten. So sei es möglich geworden, dass neben einem Drittel Konfessionsloser auch 3,2 Millionen Muslime in Deutschland leben.
„Zugleich ist die Christenheit durch eine Kulturrevolution über die Medien bedrängt. Statt der Gebote GOTTES werden äußerliche Werte der Menschen in den Mittelpunkt gestellt. Auf Behinderte, Alte und Kranke erfolgte bereits in der NS-Zeit der erste große Angriff, ebenso auf die gleichrangige Würde jedes Menschen. Eine Generation danach wird in diese materialistischen Angriffe das Kleinstkind einbezogen…“ (Pietrek 2001, 221), was sich in vermehrten Abtreibungen zeige.

Nationalismus

Der vehemente Nationalismus der CM zeigte sich auch 1998 bei der Auseinandersetzung um die Ausstellung über den Vernichtungskrieg der deutschen Wehrmacht in der Sowjetunion und auf dem Balkan. Die Ausstellung hatte nach Ansicht der CM das Ziel, „das Soldatentum schlechthin herabzusetzen“ und damit die Wehrhaftigkeit der deutschen Nation zu schwächen. Die Ausstellung wurde von ihr „Schandausstellung“ bekämpft und die dort ausgestellten Dokumente als „Fälschungen“ (Kurier 3/98) bezeichnet. Die CM rief dazu auf, gegen die Organisatoren der Ausstellung Anzeige wegen der Verunglimpfung des Andenkens Verstorbener (StGB § 189) zu stellen. Die Soldaten der Wehrmacht wurden dabei als die „tapfersten Soldaten“ (Kurier 2/98) gelobt, wohingegen die nationalsozialistische Schreckensherrschaft in Europa, einschließlich der Vernichtung der Juden, an anderer Stelle als „Greueltaten einzelner Deutscher“ (Kurier 9/99) verharmlost wurde. Eine umso größere Rolle in der Geschichtsbetrachtung der CM spielen dagegen die Vertreibungen von Deutschen aus Osteuropa und den deutschen Ostgebieten infolge der Niederlage des Angriffskrieges gegen die Sowjetunion, Verbrechen der Roten Armee und der Westalliierten an der deutschen Zivilbevölkerung und die Behandlung der deutschen Kriegsgefangenen. Breiten Raum nehmen auch Berichte über Repressalien gegen Christen in DDR ein.

Vom Antikommunismus zum Antiislamismus

Im Grundsatzprogramm der CM vom 18. Februar 1989 steht der Kampf gegen „die zerstörerischen Kräfte des Atheismus, Marxismus, dialektischen und praktischen Materialismus“ (Grundsatzprogramm 1997) noch in der Präambel. Vom Islam ist nur ganz am Rande, in Bezug auf die Außenpolitik die Rede (ebd., 17). Dagegen fehlen Aussagen zur islamischen Minderheit in der BRD, wie zur Einwanderung und Asylpolitik völlig, während selbst der Sportpolitik ein eigener Abschnitt gewidmet ist.
Anstelle der drohenden Eroberung durch die Sowjetunion ist für die CM inzwischen die islamische Invasion getreten. Die Einwanderung von Muslimen, vorrangig aus der Türkei, seit den 60er Jahren wird mit einem bewaffneten Angriff gleichgesetzt, Moscheen gelten der CM als „Stützpunkte muslimischer Eroberung“. Der Islam wolle „die Weltherrschaft“ (Mertensacker 1998, 8) und stelle in jeder denkbaren Ausprägung eine Bedrohung für die Demokratie dar. Als nicht-konfessionsgebundene, aber überwiegend katholisch geprägte Partei lehnt die CM die Beschlüsse des II. Vatikanischen Konzils, laut denen die Muslime im Grunde an den selben Gott wie die Christen glauben, ebenso ab, wie generell jeden interreligiösen Dialog. Eine Verständigung mit Muslimen sei unmöglich, da der Koran das Lügen als „Takiya“ erlaube, wenn es der Weltherrschaft des Islam dient: „Während die sogenannten gemäßigten Muslime Takiya praktizieren und damit ihre wahren Absichten ‚verhüllen‘ zeigen die sog. Fundamentalisten aggressive Transparenz“ (Christliche Mitte o. J.).
Die Ausübung der islamischen Religion ist für die CM Götzendienst und Teufelsanbetung. Mohammed sei, so die Parteivorsitzende Adelgunde Mertensacker, „der besessene Prophet Satans“ und der Islam „die Offenbarungsreligion Satans“ (Mertensacker 1996, 102).
Diese Behauptungen versucht sie nun mit einer Unmenge von Zitaten aus dem Koran und anderen islamischen Schriften zu stützen. Sie zieht aber auch andere, okkulte Quellen zur Rate: „Im Jahre 1995 bekennt ein Dämon in Deutschland aus einer besessenen Sozialarbeiterin, die mit türkischen Muslimen zusammengearbeitet hat, daß Allah Satan sei. (Schreiben des evangelischen Exorzisten im Besitz der Autorin)“ (ebd., 45). Schließlich gehe es nicht um rein irdische Konflikte sondern um die „übernatürlichen Kämpfe unserer Gegenwart“ (Verweis auf die Schrift „Geführt von Dämonen“ in Mertensacker 2001): die apokalyptische Auseinandersetzung zwischen Christus und dem Antichristen, dessen Anhänger die Muslime, aber auch alle anderen „antichristlichen Bewegungen“ (Pietrek 1996, 104) seien.

Keine Religionsfreiheit

Wenn die CM Verfolgungen von Christen in muslimischen Ländern anprangert, ist das nicht als Eintreten für die Religionsfreiheit misszuverstehen. Diese wir nämlich von der CM mit Verweis auf das erste Gebot und das Verbot des Götzendienstes im alten Israel abgelehnt (Kurier 9/02), d. h. die Ausübung des Islam und anderer nichtchristlicher Religionen gehört nach Ansicht der CM verboten.

Judenmission

Die Feindschaft der CM richtet sich auch gegen das Judentum, tritt freilich hinter die Feindschaft zum Islam zurück. So stellt sich die CM im Konflikt zwischen Israel und den Palästinensern auf die Seite Israels. Dabei lehnt die CM übrigens jeden Kompromiss zwischen den beiden Seiten kategorisch ab, denn Friede mit den Muslimen kann es ihr zu folge einfach nicht geben.
Auf der anderen Seite wirft die CM dem Staat Israel, dem Zionismus und dem Judentum allgemein vor, die „Weltherrschaft mit der Hauptstadt Zion = Jerusalem“ zu wollen. Anders als die großen christlichen Kirchen propagiert die CM nach wie vor die Judenmission: „Das Ziel der CM ist die Bekehrung der Juden und die Eingliederung der Bekehrten in das Reich GOTTES auf Erden, die von CHRISTUS gegründete Kirche“ (Kurier 6/02).

Verschwörung und Dämonologie

Zu den dämonischen Mächten, die die Verschwörungstheoretiker der CM hinter dem Weltgeschehen ausgemacht haben wollen, zählen nicht zuletzt auch die Freimaurer. Freimauerer seien „zumeist Sozialisten“ (Kurier 8/02), stünden aber genauso hinter der US-amerikanischen Macht: „Die Loge … setzt auf eine säkularisierte Eine Welt Herrschaft, eine Weltrepublik. Die Führungsmacht dafür sind die US-Hochgradlogen, dann das mit ihnen kulturell verflochtene liberale Judentum, dazu englischer und französischer Einfluß.“ Insbesondere wird den Freimauerern vorgeworfen die „stärksten Förderer von Einwanderungsgesetzen“ zu sein, „um dadurch auf eine Einheits-Menschheit hinzuarbeiten“ (Kurier 6/02) und damit, hier schließt sich der Kreis, der islamischen Invasion in Deutschland die Tore zu öffnen.
Die Liste der Feindbilder der CM ist damit aber bei weitem noch nicht komplett. Und es dürfte letztlich auch unmöglich sein, eine solche Auflistung zu erstellen: Schnell werden Gruppierungen und Personen von der CM zu Verkörperungen des Bösen schlechthin, zu „Antichristen“, erklärt. Niemals geht es der CM in ihrer dämonologischen Weltdeutung um eine vernünftige, kritische Auseinandersetzung mit Andersdenkenden und Andersgläubigen. Es geht ihr, vor allem, aber nicht nur im Verhältnis zu den Muslimen, buchstäblich um Verteufelung.

Autor: Roland Grimm, 2002.

 

Verwendete Quellen

Christliche Mitte o. J.: Muslime erobern Deutschland. Flugblatt der Christlichen Mitte. Lippstadt.
Grundsatzprogramm 1997: Grundsatzprogramm der Partei CHRISTLICHE MITTE – Für ein Deutschland nach GOTTES Geboten (CM) vom 18. Februar 1989. Lippstadt 1997.
Kurier: Kurier der Christlichen Mitte (monatlich)
Mertensacker, Adelgunde o. J.: Militanter Widerstand gegen den Islam Der zweite Kreuzzug (1147 bis 1149). Faltblatt, hg. von der „Internationalen Widerstandsbewegung ANTISLAM“. Lippstadt.
Mertensacker, Maria Adelgunde 1996: Der Prophet Allahs. Lippstadt.
Mertensacker, Adelgunde (Hg.) 1998: Muslime erobern Deutschland. Eine Dokumentation. Lippstadt.
Mertensacker, Adelgunde 2001: Moscheen in Deutschland. Stützpunkte islamischer Eroberung. Lippstadt.
Pietrek, Pfr. Winfried 1996: Ein Nachwort. In: Mertensacker 1996.
Pietrek, Pfr. Winfried 2001: Das christliche Erbe bewahren. Ein Nachwort. In: Mertensacker 2001.

 

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Autor*in: REMID e.V.