„Popularisierung und Mediatisierung von Religion“ – so lautete das Thema der Jahrestagung der Deutschen Vereinigung für Religionsgeschichte (DVRG), die vom 26. bis 28. September 2001 in Leipzig stattfand.
Warum das Thema nicht umkehren, und statt der Religionen die Religionswissenschaft selbst in den Blick nehmen? Inwieweit findet eine Popularisierung von Religionswissenschaft statt, etwa im Rahmen der Arbeit von REMID oder Inform (London)? Muss sich Religionswissenschaft nicht zwangsläufig „popularisieren“, will sie auch vom nichtakademischen Publikum gehört werden? Hat dies wiederum Rückwirkungen auf die religionswissenschaftliche Forschung und Lehre?
Diese Gedanken standen Pate, als der Vorstand beschloss, auf der DVRG-Tagung ein eigenes Panel zum Thema Popularisierung von Religionswissenschaft zu verantworten.
Die Zuhörerinnen und Zuhörer des gut besuchten Panels am Donnerstag Nachmittag mussten sich mit verschiedenen Formen der Präsentation auseinandersetzen. Der Beitrag von Gritt Klinkhammer ist hier im Netz veröffentlicht, derjenige von Steffen Rink steht als Link zur Verfügung.
Übersicht
Steffen Rink: Auswärtsspiel – Wenn Religionswissenschaft beim Gegner antritt
Der übliche wissenschaftliche Wettstreit um bessere Argumente läßt sich mit einem Marathonlauf vergleichen: Auf einer langen Wettkampfstrecke, geprägt von Höhen und Tiefen und Wechseln an der Spitze des TeilneherInnenfeldes, siegt derjenige, der seinen Lauf gut vorbereitet hat, der über die bessere Kondition verfügt, kurzum: der Beste – oder die Beste – eben.
Öffentliche geführte Diskussionen um umstrittene religiöse Phänomene wie Neue Religionen oder Islamismus hingegen ähneln einem Fußballspiel. Das Publikum unterstützt die eine oder andere Mannschaft, und bei zu großer Tor- und damit Sieggefährlichkeit wird der Angreifer schon mal durch ein rüdes Foul zu Fall gebracht. Das Ergebnis zählt, nicht Spielkultur.
Ausgehend von Erfahrungen langjähriger Mitarbeit beim Religionswissenschaftlichen Medien- und Informationsdienst e. V. REMID fragt der Vortrag nach solchen „untypischen“ (?) Bedingungen des wissenschaftlichen Diskurses. Nicht nur Religionen, auch die Religionswissenschaft steht unter Marktbedingungen, und so steigt der Druck zur Popularisierung religionswissenschaftlicher Arbeit. Vor- und Nachteile dieser Popularisierung sollen ebenso wie mögliche Konsequenzen für die Vermittlung religionswissenschaftlicher Kompetenz diskutiert werden.
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James T. Richardson: INFORM : A Successfull Experiment in Social Scienc and Governmental Cooperation on „Cults and Sects“
In verschiedenen europäischen Ländern haben sich religionswissenschaftliche Vereinigungen gebildet, die sich zur Aufgabe gemacht haben, Religionswissenschaft nicht nur als akademische Disziplin zu unterstützen, sondern die Ergebnisse religionswissenschaftlicher Forschungen so aufzubereiten, daß sie im alltäglichen Umgang zwischen VertreterInnen säkularer Einrichtungen (insbesondere staatlicher Bildungsstätten, aber auch im Bereich Journalismus oder Personalwesen) und religiöser Gemeinschaften als Kompetenzkomponente für eine gelungene Kommunikation einsetzbar sind. Insbesondere die englische Vereinigung „Information Network Focus on Religious Movements“ (INFORM) hat hierin Erfahrung gesammelt.
Gritt Klinkhammer: Popularisierung der Religionswissenschaft? Mit welchem Ziel und welchen Inhalten?
Die Popularisierung von Religionswissenschaft zeigt sich nicht nur daran, daß ReligionswissenschaftlerInnen mittlerweile häufiger bei Diskussionen in der Öffentlichkeit zum Thema nichtchristlicher Religionen angefragt oder als Gutachter im Streitfall herangezogen werden. Auch VertreterInnen von Religionsgemeinschaften selbst und einzelne religiöse Virtuosen beschäftigen sich mit Ergebnissen aus der Religionswissenschaft, um ihren Überzeugungen Gewicht zu verleihen. Diese Entwicklung ist für die Religionswissenschaft nicht nur von Interesse in Hinblick auf die Frage, welche Synthesen hier eingegangen werden, sondern auch in Hinblick auf die Reflexion der komplexen gesellschaftlichen Rolle von Religionswissenschaft in der Dynamik von aktueller Religionsgeschichte.