Religionen und Recht – Abstracts

Gritt Klinkhammer und Tobias Frick
Begrüßung
Liebe Teilnehmerinnen, liebe Teilnehmer,
wir freuen uns, Sie zur 3. Marburger REMID-Tagung begrüßen zu dürfen!
Mit dem Thema »Religionen und Recht« haben wir uns diesmal auf ein für die Religionswissenschaft eher ungewöhnliches Thema eingelassen. Verfolgt man aber die tagespolitischen Ereignisse um Religionen in unserer Gesellschaft, so drängt sich dieses Thema schon seit dem Kruzifixurteil von 1995 zunehmend auf. Der gerichtlich ausgetragene Streit um die Anerkennung von weltanschaulicher oder religiöser Differenz setzt sich seitdem vor allem in der Frage um die Integration von Musliminnen und Muslimen in Deutschland fort. Immer deutlicher wird daran, daß die religionsrechtlichen Regelungen aus der Weimarer Zeit für eine faktisch zunehmend multireligiöse und multikulturelle Gesellschaft unzureichend bzw. unzureichend bestimmt sind. Die historisch festgeschriebene Sonderstellung der christlichen Kirchen findet heute aufgrund der Präsenz neuer und nichtchristlicher Religionen in Deutschland nicht mehr ungeteilte Akzeptanz. Die neuen Religionen fordern Gleichstellung, und der säkulare Staat kann sie ihnen kaum mehr verwehren, wie das jüngste Bundsverfassungsgerichtsurteil zu den Zeugen Jehovas zeigt.
Dieser komplexe gesellschaftliche Problemkreis läßt sich zufriedenstellend nur interdisziplinär diskutieren. Darum wurden für die Tagung nicht nur Referenten der Religionswissenschaft angefragt, sondern auch aus der Rechtswissenschaft und der Soziologie. Gleichzeitig denken wir, daß insbesondere die Religionswissenschaft die Perspektive des religiösen Rechtsverständnisses der Religionsgemeinschaften und ihr Verhältnis zu säkularem Recht kompetent in den Blick nehmen kann, um von hier aus im Dialog mit Rechtswissenschaftlern derzeitige, aber vor allem auch mögliche zukünftige Konfliktdimensionen in den Blick zu bekommen. Solche Untersuchungen stehen in der Religionswissenschaft noch weitgehend aus. Die Tagung möchte einen Anfang machen. Und wir danken allen Referenten, daß sie sich darauf eingelassen haben, dieses interdisziplinäre Neuland mit uns zu betreten.
Die Tagung findet in Verbindung mit dem Fachgebiet Religionswissenschaft statt, und wir möchten besonders Herrn Prof. Dr. Michael Pye für seine Unterstützung danken. Ein beson-derer Dank gilt auch allen Helfern und Helferinnen von REMID und den Studierenden des Fachgebiets, ohne die der Getränkeausschank und manche Einquartierung nicht möglich wäre. Unser Dank gilt auch dem Hessischen Kultusministerium, ohne dessen finanzielle Unterstützung die Durchführung dieser Tagung wohl nicht möglich gewesen wäre.
Wir wünschen allen Teilnehmerinnen und Teilnehmern fruchtbare Diskussionen und hoffen, daß die Tagung Anregungen für die weitere Beschäftigung mit dem Thema gibt.

Prof. Dr. Hans G. Kippenberg
Religion vor Gericht
Freitag, 16. Februar, 16.30 Uhr
Der Vortrag wird das Thema anhand des Urteils des Bundesverfassungsgerichtes vom
19. Dezember 2000 über den Antrag der Zeugen Jehovas auf Anerkennung als Körperschaft öffentlichen Rechts entfalten. Recht ist eine spezifische Weise, sich die Wirklichkeit vorzustellen, hat Clifford Geertz einmal geschrieben. Im Blick auf das Urteil des BVerfG möchte man daher gerne wissen, wie Richter eigentlich darüber urteilen können, ob eine Religionsgemeinschaft den erstrebten Körperschaftsstatus verdient oder nicht. Da es sich um eine Revision handelt, ist die Urteilsbegründung dazu sehr ergiebig.
Zur weiteren Klärung des Sachverhalts werden zwei Ausflüge unternommen. Der erste geht zurück auf die Römische Rechtsgeschichte. Die Römischen Herrscher kannten nicht nur ein Körperschaftsrecht von Religionsvereinigungen, sondern nahmen Anerkennung oder Ableh-nung vor, je nach dem es sich um eine religio licita oder illicita handelt. Auf die dabei ver-wendeten Kriterien wird das Referat näher eingehen. Ein zweiter Ausflug führt in die USA zur Rechtsprechung des Supreme Court. Hier ging es wiederholt um die Frage, ob sich Behörden eines Verstoßes gegen die Verfassung schuldig gemacht haben, als sie Religionsgemeinschaften öffentlich unterstützt haben. Auch hier stellte sich die Frage, ob jede Art von Anerkennung einer Religionsgemeinschaft (man nehme nur die offiziellen Feiertage) eine solche Unterstützung darstellt.
Beide Ausflüge lassen erkennen, daß das Urteil des BVerfG in einer langen Tradition steht. Die westliche Rechtsgeschichte hat schon vor der Säkularisierung eine von den religiösen Anschauungen der Gläubigen unabhängige Auffassung von Religion gekannt, die von den Rechtsprechungen vorausgesetzt wird. Am Schluß soll der Versuch gemacht werden, deren Merkmale zu bestimmen.

Prof. Dr. Christoph Link
Der staatskirchenrechliche Rahmen für Religionsausübung und Religionspolitik in Deutschland im 20. Jahrhundert
Freitag, 16. Februar, 17.15 Uhr
Die verfassungsrechtlichen Regelungen des Staats»kirchen«rechts sind von ihrer Entstehung her auf das Verhältnis des Staates zu den christlichen Kirchen zugeschnitten. Indes spricht das Grundgesetz nicht von Kirchen, sondern von Religionsgesellschaften, denen auch Weltanschauungsvereinigungen gleichgestellt werden. Es begründet damit nicht (wie oft behauptet) kirchliche Privilegien, sondern ist offen auch für andere Religionen und Weltanschauungen. Diese Offenheit beruht auf Religionsfreiheit und religiös-weltanschaulicher Neutralität als grundlegenden Baugesetzen des freiheitlich-demokratischen Verfassungsstaats. Gleichwohl gilt in Deutschland und in einigen anderen europäischen Ländern nicht ein striktes Trennungsprinzip zwischen Staat und Religionsgemeinschaften, der Staat ignoriert nicht Religion (und Weltanschauung), sondern gibt ihr auch Raum in seinen Einrichtungen (Reli-gionsunterricht, Militär- und Anstaltsseelsorge, Theologische Fakultäten), freilich in den Grenzen der Religionsfreiheit. Das erfordert – so das Bundesverfassungsgericht – eine »verständige Kooperation« des Staates mit den Religionsgemeinschaften.
Diese religionsrechtliche Gestaltung führt im Zeichen einer zunehmenden religiösen und ideologischen Pluralisierung dort zu Problemen, wo sich die entsprechenden Gemeinschaften nicht in die für eine solche Kooperation erforderlichen Strukturen einfügen. Gleichwohl er-scheint die staats»kirchen«rechtliche Ordnung des Grundgesetzes elastisch genug, um die daraus entstehenden Schwierigkeiten grundrechtsverträglich zu lösen.

Prof. Dr. Günter Kehrer
Der Wandel der religiösen Landschaft in Europa
Samstag, 17. Februar, 9.15 Uhr
– Bis zur Mitte des 19. Jahrhunderts war Europa gekennzeichnet durch religiös homogene Landschaften, die sich teilweise mit staatlichen Landschaften deckten.
– Herausbildung religiös heterogener Landschaften durch Migration in die industriellen und städtischen Zentren.
– Dominanz von zwei christlichen Konfessionen (katholisch und evangelisch).
– Erstmals quantitativ bedeutsame Migration von Nichtchristen.
– Entstehung von Landschaften mit einem mehrheitlichen Bevölkerungsanteil ohne religiöse Zugehörigkeit (Beispiel: ehemalige DDR).
– Konsequenzen des Wandels für das Verhältnis von Religion und Recht:
– Beendigung der exklusiven Rechtsbeziehungen zwischen Staat und privilegierten Religionsgesellschaften.
– Akzeptanz religiös begründeter Devianz als Teil von Multikulturalität.
– Problem des Verhältnisses von Religion und Kultur.

Hans Michael Heinig
Das Religionsverfassungsrecht des Grundgesetzes und die europäische Integration
Samstag, 17. Februar, 10.15 Uhr
1. Die Etablierung und Konsolidierung einer eigenständigen europäischen Rechtsordnung ließ nahezu keinen lebensweltlichen Bereich in seiner bestehenden mitgliedstaatlichen Regulierung unberührt, auch nicht die Religion. Der EU kam bis zum Amsterdamer Vertrag laut Europäischer Unionsgrundordnung keine Kompetenz zu einer eigenständigen Religionspolitik zu. Im Rahmen einer Vielzahl von Politiken waren und sind jedoch mittelbare Folgewirkungen des Europarechts für die Rechtstellung der Religionsgesellschaften zu diagnostizieren. Indirekt berührt damit das Europarecht das nationale Religions(verfassungs-)
recht in nicht zu vernachlässigendem Ausmaß. Mit Art. 13 EGV kennt das EG-Recht nunmehr erstmals eine Norm, die explizit zu religionsbezogenen Regelungen ermächtigt: Maß-nahmen gegen Diskriminierungen aus Gründen der Religion (und zahlreichen anderen Merkmalen). Auf dieser Grundlage ist eine Richtlinie zur Bekämpfung von Ungleichbehandlungen im Erwerbsleben erlassen worden, die ausdrücklich den Gleichlauf des EG-Rechts mit dem nationalen Verfassungsrecht sicherstellen will. In ähnlicher Weise kennen zahlreiche Rechtsnormen des EG-Rechts Ausnahme- und Berücksichtigungsklauseln religiöser Interessen.
2. Auf diese Weise transformiert sich das deutsche Staatskirchenrecht sukzessive in ein Gesamtgefüge europäischen Religionsverfassungsrechts. Üblicherweise wird diese Transformation staatskirchenrechtlich in Kategorien der Bedrohung oder des Konflikts wahrgenommen; eingedenk einer Fülle von grundsätzlichen wie religionsbezogenen Rechtsinstrumenten auf nationaler und europäischer Ebene läßt sie sich aber auch als Kompatibilisierungsprozeß beschreiben, der religiöse Interessen angemessen verarbeitet wie Raum läßt für mitgliedsstaatliche Besonderheiten. Zu nennen wären die Erklärung Nr. 11 der Regierungskonferenz von Amsterdam, die Unionsgrundrechte auf Religionsfreiheit und religiöse Gleichberechtigung, der Grundsatz der Subsidiarität, die Garantie des Schutzes nationaler Identität, die Integrationsklausel des Grundgesetzes.
3. In verfassungstheoretischer Perspektive stellt sich Religionsrecht heute deshalb hinsichtlich Fragen der Kompetenzen, Verfahren und Formen, aber auch hinsichtlich der konkreten Ausgestaltungen als Mehrebenenrecht dar.
4. Für ein europäisches Religionsrecht lassen sich verfassungstheoretisch in drei Hinsichten inhaltliche Direktiven aufstellen: a) Grundlage ist die Annahme einer faktischen und nor-mativen religiösen Pluralität, b) Religion wird durch die gleichheits- und freiheitssichern-den Gewährleistungen geschützt und anerkannt in ihrer sozialen Selbstzweckhaftigkeit,
c) unter Zugrundelegung religionstheoretischer Erkenntnisse kann für die Rechtsdogmatik das religiöse Selbstverständnis nicht ohne Belang sein.

Dr. Jens Jetzkowitz
Religion in der verrechtlichten Gesellschaft – eine empirische Analyse der Verhältnisse in der Bundesrepublik am Beispiel von Bundesverfassungsgerichtsentscheidungen
Samstag, 17. Februar, 11.30 Uhr
In modernen Gesellschaften werden Lebenschancen vor allem durch die Rechtsordnung präformiert. Dies gilt auch für die Chancen, eine religiöse Orientierung bzw. einen spezifischen Lebenssinn zu verfolgen. Aus diesem Grund steht in der hier vorzustellenden soziologi-schen Analyse zum Thema »Religionen und Recht« die Rechtsordnung der Gesellschaft im Zentrum des Interesses.
Im ersten Teil des Vortrages wird erläutert, warum die Struktur der modernen Gesellschaft vor allem als Struktur einer verrechtlichten Gesellschaft zu begreifen ist. Im Anschluß daran werden Ergebnisse einer empirischen Untersuchung vorgestellt. Ihr Ziel ist es, anhand von Bundesverfassungsgerichtsentscheidungen exemplarisch das symbolische Potential zu analysieren, das in der Bundesrepublik für die Formulierung gesellschaftlicher Identität und für die Inklusion von neuen oder – wenn man so will – fremden Strukturen zur Verfügung steht. Im Zentrum steht dabei die Erhebung derjenigen Werte-Konzepte, mit denen das Gericht seine Entscheidungen begründet und damit auch den Rahmen für die Entwicklung von religiösen Orientierungen festlegt. Auf der Grundlage der Ergebnisse dieser Untersuchung wird schließlich die Stellung von Religionsgemeinschaften in der bundesdeutschen Rechtsordnung betrachtet.

Dr. Martin Baumann
Recht als Grenzziehung und Mittel gesellschaftlicher Etablierung: Buddhisten in Deutschland und in Nachbarländern
Samstag, 17. Februar, 15.00 Uhr
Mitte der 1980er Jahre waren Buddhisten in Deutschland bemüht, den Buddhismus vom Staat als Körperschaft des öffentlichen Rechts anerkennen zu lassen. Vorbild war ihnen der Erfolg der österreichischen Buddhistenbrüder und -schwestern. Dort war der Buddhismus 1982 staatlich anerkannt worden und damit u. a. Sendezeiten im Rundfunk sowie buddhistischer Schulunterricht möglich geworden. Zielsetzung in Österreich, Deutschland und auch weiteren europäischen Ländern war jedoch nicht nur, mittels der Anerkennung gewisse Sonderrechte und eine gesellschaftliche Etablierung zu erhalten. In gleicher Weise war Buddhisten daran gelegen, sich von neuen religiösen Bewegungen markant abzugrenzen und zu distanzieren. Der Vortrag wird diese doppelte Inanspruchnahme von Recht darstellen und analysieren.

Dipl.-Pol. Steffen Rink
Zeugen Jehovas: Göttliches und weltliches Recht
Samstag, 17. Februar, 15.30 Uhr
Das Weltverständnis der Zeugen Jehovas steht unter einer eindeutigen Prämisse: Die »Welt«, das »System der Dinge« steht unter der Herrschaft des Satans. Weltliche Regierungen werden insofern anerkannt, als daß sie von Gott eingesetzt sind, für das Leben der Menschen notwen-dige Regeln zu erlassen, solange die Errichtung des tausend-jährigen Friedensreiches unter der Herrschaft von Jesus Christus noch aussteht. Vor diesem Hintergrund sollen und wollen die Zeu-gen Jehovas auch kein Teil der Welt sein. Für sie hat Gott (Jehova) die höchste Autorität. Im Konfliktfall ist es für einen Zeugen Jehovas selbstverständlich, »Gott mehr zu gehorchen als den Menschen«.
Um so mehr erstaunt, daß die Zeugen Jehovas seit 1990 den Status einer Körperschaft des öffentlichen Rechts anstreben. Noch 1965, im Rahmen einer Verhandlung vor dem Bundesver-fassungsgericht, haben sie es wegen ihres Verständnisses von »Welt« abgelehnt, mehr als un-bedingt notwendig mit dem Staat zusammenzuarbeiten. Die Frage nach den Ursachen für die offensichtlich veränderte Einstellung der Zeugen Jehovas drängt sich auf.
Während in den juristischen Verhandlungen um die Anerkennung als Körperschaft des öf-fentlichen Rechts vor allem Rechtspositionen vertreten werden, sind – so meine These – zwei Faktoren für die veränderte Haltung ausschlaggebend. Zum einen versuchen die Zeugen Jehovas mit der Anerkennung als Körperschaft, ihre gesellschaftliche Position zu verbessern, die im Zuge der Diskussion um die sog. Sekten in den letzten Jahren in Mitleidenschaft gezogen wurde. Zum anderen aber haben sich in den letzten Jahren Änderungen in der von den Zeugen Jehovas vertretenen Lehre ergeben, insbesondere hinsichtlich der für die Gemeinschaft bestimmenden Endzeiterwartung. Religionsgeschichtlich kann dies als Übergang in eine Phase der gesellschaftlichen Etablierung gesehen werden, die es der mit rund 100 Jahren relativ jungen Religionsgemeinschaft ermöglicht, ihre bisherige Frontstellung gegen das »System der Dinge« allmählich aufzugeben und eine sukzessive Integration in die Gesellschaft zu betreiben. Inwiefern hier eine Wechselwirkung mit den im Laufe des Verfahrens zur Anerkennung als Körperschaft aufgestellten Kriterien für eine Gewährung dieses Status vorliegt, sollte Gegenstand der Diskussion sein.

Prof. Dr. Ursula Spuler-Stegemann
Scharia versus Grundgesetz
Samstag, 17. Februar, 16.45 Uhr
In Deutschland sind gläubige Muslime vielfältigen Spannungen zwischen islamisch-religiösem und säkularem Recht ausgesetzt. Da sie sich hierzulande in der Diaspora befinden, ergeben sich neben der ganzen Breite der Auslegung dessen, was Scharia ist, noch zusätzliche Aspekte, die aus dem Leben in einem Land mit überwiegend nicht-muslimischer Bevölkerung resultieren. Diese Problemfelder – konkretisiert an Einzelbeispielen – sollen in dem Referat in den Blick genommen werden. Einbezogen werden sollen auch islamische Positionen zum Grundgesetz und zu den Menschenrechten.
Wegen einer Erkrankung von Frau Spuler-Stegemann konnte dieser Vortrag nicht gehalten werden.

Dr. Sebastian Murken
Spiritualität als Lebenshilfe.
Implikationen des Psychotherapeutengesetzes und des geplanten Gesetzes zur gewerblichen Lebenshilfe
Samstag, 17. Februar, 16.00 Uhr
Der Vortrag diskutiert das Verhältnis von Heil und Heilung aus gesetzlicher Perspektive und stellt die Überlegungen und Diskussionen zu einem Lebensbewältigungshilfegesetz vor. Es wird dargestellt, wie in der aktuellen Esoterik-Szene die Grenzen zwischen Heilsangeboten und psychotherapeutischen Heilungsversprechen verschwimmen und welche juristischen und praktischen Probleme sich daraus ergeben.

Prof. Dr. Michael Ebertz
Ehe – ihre Schließung und Scheidung im zivilen und kanonischen Recht
Samstag, 17. Februar, 17.30 Uhr
Kirchliches und staatliches Recht weisen Gemeinsamkeiten und Ähnlichkeiten auf, aber auch Unterschiede und Eigentümlichkeiten. Dies soll am Beispiel der rechtlichen Regulierung der Institution der Ehe gezeigt werden, die bis zur Reformation nahezu ausschließlich dem ka-no-nischen Recht unterlag. Kirchliches Eherecht ist keinesfalls, wie häufig gesagt wird, statisch, sondern unterliegt dem gesellschaftlichen Wandel. Insbesondere soll der Blick auf Innovationen im kanonischen Eheschließungs- und Ehescheidungsrecht gelenkt werden, die sich im Codex Iuris Canonici von 1983 manifestieren.
Wegen einer Erkrankung von Herrn Ebertz konnte dieser Vortrag nicht gehalten werden.

Prof. Dr. Dr. Peter Antes
Wie hältst Du’s mit der Religion?
Religions- und Alternativunterricht in Deutschland
Sonntag, 18. Februar, 9.30 Uhr
Das Thema »Religionen und Recht« kann am Beispiel von Religions- und Alternativunterricht in Deutschland besonders gut dargestellt werden. Der Vortrag wird dies zunächst mit Blick auf andere Länder der EU tun, dann anhand des Religionsunterrichts in Deutschland sowohl in rechtlicher als auch in konzeptioneller Hinsicht vorstellen und schließlich an der Debatte um den Alternativunterricht aufzeigen, und zwar bezüglich seiner rechtlichen Stel-lung (Alternativ- oder Ersatzfach), seiner thematischen Schwerpunkte und seiner staatspolitischen Funktion.

Prof. Dr. Hartmut Zinser
Grenzen der Religionsfreiheit?
Sonntag, 18. Februar, 10.15 Uhr
Der Beitrag fragt nach den Grenzen der Religionsfreiheit und stellt folgende Grundsätze zu den Grenzen der Religionsfreiheit vor:
1. Es ist problematisch, wenn Religionsgemeinschaften das Grundrecht der Religionsfreiheit in Anspruch nehmen wollen, die in ihren Lehren und in ihrem Handeln Religionsfreiheit selber ablehnen und z. B. einen Austritt verwehren. Es muß hier in Anlehnung an das Prinzip der wehrhaften Demokratie eine wehrhafte Religionsfreiheit gefordert werden.
2. Unter Berufung auf religiöse Lehre können nicht die für alle gültigen Gesetze und Bestimmungen, wie es z. B. in der Konvention des Europarates lautet, außer Kraft gesetzt oder umgangen werden.
3. Die Freiheitsrechte eines jeden müssen mit den Freiheitsrechten eines jeden anderen vereinbar sein. Abhängige wie Kinder und Schutzbefohlene bedürfen eines besonderes Schutzes der Rechtsgemeinschaft.
4. Staatliche Privilegien und die Ausübung von Hoheitsrechten, wie sie die Körperschaften des öffentlichen Rechts innehaben, können nur solchen Religionsgemeinschaften verliehen werden, die rechtstreu sind und bereit sind, die verfassungsmäßige Ordnung mitzutragen und deshalb mit dem Staat in Kooperation treten.
5. Es wird bei allen Fragen darauf ankommen, Regelungen zu finden, die dem Grundsatz der Trennung von Staat und Religion entsprechen und die »staatsfreie Angelegenheit Religion« nicht wieder zu einer staatlichen Angelegenheit machen.
Abschlußdiskussion mit den Referenten

Möglichkeiten und Grenzen eines Religionspluralismus in Deutschland
Podiumsdiskussion
Moderation: Tobias Frick
Sonntag, 18. Februar, 11.15 Uhr
Die religiöse Landschaft Deutschlands hat sich in den letzten Jahrzehnten stark verändert. Insgesamt nahm die Bindung der Bevölkerung an die christlichen Kirchen ab. Durch den Zu-zug von Gastarbeitern wuchs gleichzeitig der Anteil muslimischer EinwohnerInnen in Deutschland. Die medien- und verkehrstechnische Verkleinerung der Erde zum global village eröffnete den Deutschen interessante religiöse Alternativen zu den großen Kirchen. Seit dem Beitritt der neuen Länder zur Bundesrepublik Deutschland teilt sich die religiöse Landschaft zusätzlich in zwei sehr unterschiedliche Bereiche, da aufgrund der politischen Ideologie der DDR die religiöse Betätigung zu gesellschaftlicher Benachteiligung führen konnte.
Die religiöse Situation einer Gesellschaft wandelt sich. Dieser Wandel erzeugt Anpassungsdruck, dessen Intensität von der Stärke des Wandels abhängt. Die neue Situation erfordert Anpassung von Seiten der Politik, der Kultur, der Religionsgemeinschaften und der einzelnen Menschen. Doch wie hoch ist dieser Druck in einer weitgehend säkularisierten Gesellschaft wie der deutschen wirklich? Müssen sich die gesellschaftlichen Bereiche anpassen, um das Zusammenleben aller zu ermöglichen und den sozialen Frieden im Wesentlichen zu erhalten, oder ist Religion hier so nebensächlich, daß dieser Wandel im Großen und Ganzen ignoriert werden kann?
Die Podiumsdiskussion wird sich in einer ersten Runde diesem Themenkomplex anhand ausgewählter Fragestellungen nähern. Im Anschluß an die vorhergehenden Vorträge stellen sich Fragen zum Religionsunterricht und den Grenzen der religiösen Freiheit vor dem Hintergrund des beschriebenen und noch zu erwartenden Wandels. Um den bisherigen Fokus der Tagung über Europa hinaus zu erweitern, werden die Konzepte von Multireligiosität, religiöser Erziehung und gesellschaftspolitischer Gestaltung von Religion anhand des japanischen Modells der modernen Gesellschaft aus einer kulturvergleichenden Perspektive heraus betrachtet.
Der weitere Verlauf der Podiumsdiskussion soll sich, wie in solchen Fällen üblich, zunehmend der engeren Konzeption entziehen und von der Teilnahme aller belebt werden.
An der Podiumsdiskussion nahm zusätzlich Prof. Dr. Michael Pye teil.

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Autor*in: REMID e.V.