Lunares Jahr
Die Zeitrechnung im Islam bestimmt sich nach dem Umlauf des Mondes um die Erde. Das aus 6 Monaten mit 30 Tagen und 6 Monate mit 29 Tagen gebildete lunare Jahr hat also 354 Tage. Dadurch entsteht eine Abweichung vom Sonnenjahr, das 365 Tage plus einen zusätzlichen Tag alle vier Jahre umfasst. Diese Abweichung wird nicht durch zusätzliche Tage oder Schaltmonate ausgeglichen wie etwa beim jüdischen Kalender. Der Koran selbst schließt dies als Zeichen des Unglaubens aus (siehe Sure 9,37). Allerdings kennt auch der islamische lunare Kalender Schalttage. In 30 Jahren wird 11 mal am letzten Monat eines Jahres ein zusätzlicher Tag eingefügt, um die Übereinstimmung mit den Umlaufzeiten des Mondes herzustellen, die genau 354,367 Tage beträgt.
Das bedeutet, dass die islamischen Jahre in Bezug auf die Sonnenjahre jährlich um etwa 11 Tage zurück wandern. Dadurch verändert sich auch der Zeitpunkt der nach islamischem Kalender datierten Festtage, gemessen an dem Sonnenjahr und damit an der Jahreszeit. Ein wichtiger, den Alltag bestimmender Monat wie der Fastenmonat Ramadan kann daher sowohl im Winter liegen, als auch, rund 15 Jahre später, im Sommer.
Beginn der Zeitrechnung
Das Jahr 1 des islamischen Kalenders datiert auf das Jahr 622 unserer Zeitrechnung. In diesem Jahr fand der Auszug Mohammeds und seiner Anhänger aus Mekka statt (Hidjra, eingedeutschte Schreibweise: Hidschra). In Medina wurde erstmals ein islamisches Gemeinwesen aufgebaut und daher mit einer eigenen Zeitrechnung begonnen.
Dies wird dadurch kenntlich gemacht, dass hinter einem islamischen Jahr die Angabe „vor“ bzw. „nach der Hidschra“ gesetzt wird, meist in der üblichen Landessprache (z. B. „n. H.“ für „nach der Hidschra“ in Deutsch oder „AH“ für „Anno Hidjriya“ entsprechend „Anno Domini“ im Christentum).
Für die Umrechnung zwischen solarer und lunarer Zeitrechnung gibt es verschiedene Formeln, z. B. 33 : 32 x (bürgerliches, solar bestimmtes Jahr minus 622) oder 1,0307 x (bürgerliches Jahr minus 622) + 0,46. Auch im Internet sind verschiedene Umrechnungsprogramme verfügbar.
Monate und Tage
Die Namen der islamischen Monate sind:
(1) Muharram
(2) Safar
(3) Rabi al-Awwal (Rabi I)
(4) Rabi al-Thani (Rabi II)
(5) Djumada al-Ula (Djumada I)
(6) Djumada al-Akhira (Djumada II)
(7) Radjab
(8) Schaban
(9) Ramadan
(10) Schawwal
(11) Dhu’l-Qada
(12) Dhu’l-Hidjdja
Von diesen Monaten gelten nach dem Koran vier als heilig: Muharram, Radjab, Dhu’l-Qada, Dhu’l-Hidjdja. Der Neujahrstag am 1. Muharram erinnert an die Hidjra als Ausgangspunkt der Bildung einer islamischen Gemeinschaft, doch die Hidjra selbst fand innerhalb des Jahres statt, das seinerzeit bereits begonnen hatte. Im zwölften Monat Dhu’l Hidjdja wird die zu den fünf sog. Säulen zählende Wallfahrt nach Mekka unternommen.
Im Koran ist bestimmt, dass der Beginn eines Monats vom sichtbaren Erkennen der ersten Mondsichel nach Neumond abhängig sein soll. Nur wenn eine Mondsichtung nicht möglich ist, sollen astronomische Berechnungen entscheidend sein. Das führt dazu, dass der Beginn eines Jahres oder Monats auf der Erde von Region zu Region unterschiedlich sein kann. Religiösen Gelehrten obliegt es, die Daten zu bestimmen. Den Autoritäten in Mekka kommt dabei eine besondere Rolle zu, wenngleich deren Verbindlichkeit angezweifelt wird, da mit dieser zentralen Festlegungen sowohl Abweichungen von der lokalen Sichtung des Mondes möglich sind – was der Vorgabe des Korans widersprechen würde -, als auch Kritik am wahabitischen Islam Saudi-Arabiens mitschwingt. Deshalb gibt es überall Einrichtungen zur Bestimmung des Beginns des Jahres und der Monate. In Deutschland ist dies der DIWAN, der Deutsche islamwissenschaftliche Ausschuss der Neumonde.
Der islamische Tag beginnt, wie in vielen orientalischen Kulturen – so auch im Judentum -, mit dem Einbruch der Nacht und endet am darauf folgenden Tag mit dem Sonnenuntergang.
Abweichungen
Nicht alle islamischen Länder verwenden die vorgestellte Zeitrechnung und den Kalender in einheitlicher Weise. Manchmal werden islamische und säkulare Zeitrechnung kombiniert, und häufig findet der christlich bestimmte Kalender in den islamischen Ländern eine parallele Anwendung, um die Kommunikation, die politischen und wirtschaftlichen Beziehungen mit den nichtislamischen Ländern zu erleichtern.
Darüber hinaus werden nicht in allen islamischen Traditionen die Feiertage an den gleichen Tagen begangen. Die größten Abweichungen gibt es auch hier im schiitischen Islam, der zudem zusätzliche, auf der schiitischen Tradition beruhende Festtage kennt.
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Erstellt: 22.10.2002 | Autor: Steffen Rink